DRS Podcast zu WIPO Intellectual Property Day

Gestern war WIPO Intellectual Property Day. Zu diesem Anlass gestaltete Patrick Tschudin für DRS2 einen 4.5 minütigen Bericht, den es nun als Podcast anzuhören gibt (5:00-9:30). Dieser Hinweis ist etwas in “eigener Sache”, denn zwar kommt auch der Leiter der Enforcement Abteilung der WIPO zu Wort, aber ein Grossteil des Berichtes besteht aus einem Interview mit mir….

Urheberrecht als Hindernis für die Forschung

In der NZZ vom Freitag 20.4.2007 hat es einen lesenswerten Beitrag (leider nicht online) vom Wissenschaftler Donat Agosti zur Urheberrechtsrevision, Open Access und dem Computer als Recherchierer. Bezüglich Urheberrechtsrevision in der Schweiz äussert er sich skeptisch:

Das Ziel wissenschaftlicher Publikationen, Resultate einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen, steht jedoch im Gegensatz zum Beispiel zu jenem der Werke der Kunst oder der Unterhaltungsindustrie, wo die Deckung der Kosten zur Erstellung des Werkes überhaupt erst durch den finanziellen Gewinn der Weiterverbreitung möglich ist. In der jetzigen Debatte über Urheberrecht – in der Schweiz beispielsweise wird am 23. April die Revision des Gesetzes in der entsprechenden nationalrätlichen Kommission behandelt – wird kaum auf diesen Unterschied eingegangen. So liegt im schweizerischen Urheberrecht der gesetzliche Fokus auf dem Begriff des «Werkes», welches geschützt werden muss. Dabei geht es etwa um ein musikalisches Stück, einen Roman oder eine wissenschaftliche Publikation. Dass Letztere nur einen kleinen, sehr stark standardisierten Beitrag zum sich rasant entwickelnden Wissen darstellen, wird kaum berücksichtigt. Die vorgeschlagene Auslegung hat denn auch zur Folge, dass in der Wissenschaft die neuen technischen Möglichkeiten einer grenzenlosen wissenschaftlichen Kommunikation ohne aufwendige individuelle Abkommen nicht voll ausgeschöpft werden können. Die oft widersprüchlichen nationalen Gesetzgebungen verkomplizieren die Situation in diesem globalen Netzwerk zusätzlich.

Als weiterer kritischer Aspekt erwähnt er die agressive Verfolgung von Urheberrechtsmissbräuchen durch die Unterhaltungssindustrie, welche auch in der Wissenschaft grosse Verunsicherungen ausgelöst hat. Dies läuft den Bestrebungen des Schweizerischen Nationalfonds und anderen wissenschaftlichen Organisationen entgegen immer mehr Forschungsresultate im Open Access Prinzip verfügbar zu machen. Nach der Ansicht des Autors fehlen zudem gesetzliche Grundlagen, was den in einem Self Repository angeboten werden darf.

Handlungshilfen von Konsumentenschutz zu Tauschbörsen und Kopieren

Die Stiftung Konsumentenschutz hat eine sehr gute Handlungshilfe zum “CD-Brennen und zu Tauschbörsen” veröffentlicht:

Diese Handlungshilfe gibt Ihnen Orientierung, wie Sie von der technologischen Entwicklung optimal Gebrauch machen können – und dies legal. Gleichzeitig geben wir kursiv an, wie
sich die Rechtslage mit der Revision des Urheberrechtsgesetzes bald ändern könnte.

Die Handlungshilfe kann auch schriftlich bei der Stiftung Konsumentenschutz bestellt werden.

Ein ausführlicher Kommentar zur Handlungshilfe hat irights.info geschrieben. Man muss jedoch berücksichtigen, dass die Urheberrechtsrevision noch im Parlament beraten wird und es auch noch negative Änderungen geben kann.

Zitate zur Musikindustrie

Das sich die Musikindustrie gerade neu orientieren muss, lässt sich besonders gut an den Zitaten ablesen, die in letzter Zeit durch die Medien gehen.

Anscheinend haben nun sogar die Majorlabels bemerkt, dass es langsam Zeit für Änderungen wird. Das Zitat von Eric Nicoli, CEO der EMI Group, stand in der heutigen Pressemittelung von EMI:

«Our industry is changing at an unprecedented pace and we are committed to accelerating the transformation of our business to realise the opportunities before us. We have launched a number of significant digital initiatives – most recently the introduction of DRM-free superior sound quality downloads across our entire digital repertoire – which reflect our optimism about the digital environment. Such initiatives, coupled with tough management actions, position the Group to make good progress in the future.»

Keine Probleme mit dem Wandel der Musikbranche hat offenbar Stephan Eicher. In einem Interview im Tagesanzeiger vom letzten Freitag, dem 13. April, war das folgende Zitat von ihm abgedruckt:

«Die viel beschworene Krise der Musik gibt es gar nicht. Die Krise haben höchstens die Plattenfirmen, denn jetzt, da die Künstler ihr Geld wieder mit Konzerten verdienen müssen und die Musik wieder auf der Bühne stattfindet, geht für sie ein langer Sonderfall zu Ende.»

Was Dieter Meier vom Musiker-Duo Yello von der Musikindustrie hält, konnte man in einem Interview in der Basler Zeitung vom 10.11.2006 lesen:

«Es ist ja generell so, dass die Plattenindustrie in einem desolaten Zustand ist. Man arbeitet nur noch für den nächsten Tag, baut gar keine Künstler mehr auf, ist auch an künstlerischen Arbeiten nicht interessiert. Man möchte auf billigste Weise möglichst viel verdienen.
Formate wie «Musicstar», bei denen das Publikum darüber abstimmt, wer der beste Musiker sein soll, sind idiotisch. Da entsteht nichts Neues, sondern werden alle bekannten Klischees und Epigonen bedient. Die Plattenfirma macht ein schnelles Geschäft, räumt ab und geht zum nächsten weiter.»

«Die Plattenindustrie war immer schon sehr reaktionär. Ihre grosse Devise lautet: «You throw shit to the wall and wait, what sticks.» Es ist ein Skandal und nicht erstaunlich, dass sie ihre Märkte verloren haben. Die CD ist mittlerweile über 25 Jahre alt. Wie hat sich doch in diesem Zeitraum die Computer- und Chipindustrie verändert. Und die Plattenindustrie? Die verkauft uns noch immmer die gleiche depperte CD und meint, die Leute würden für den gleichen Bruch wie vor 20 Jahren noch immer 30 Stutz zahlen. Dabei könnte man ein x-faches an Informationen, ein massiv besseres Klangbild und Zusatznutzen anbieten. Das hat die Industrie verschlafen.»

Opera Calling – Arias for all!

Ein bisschen verspätet möchten auch wir auf das sehr interessante Projekt “Opera Calling” aufmerksam machen.

«Opera Calling» is an artistic intervention into the cultural system of the Zurich Opera. By means of a audio-bug placed within the auditorium of the local opera house, the outside public is given access to the performances on stage. The performances are retransmitted to the public not through broadcasting, but by telephoning each person in Zurich individually.

Die Bugs sind scheinbar noch weiterhin installiert und man kann die aufgenommen Sendungen über das Internet anhören oder hat das Glück angerufen zu werden.

Die Fabrikzeitung (Text) und auf Kunstfreiheit.ch finden sich gute Texte zum Projekt und Thema des Zugangs zur Oper.

FAQ: SUISA und Creative Commons (Teil 2)

Bereits im Oktober 2006 haben wir eine FAQ zu Creative Commons und SUISA veröffentlicht, in der die grundlegendsten Punkte angesprochen wurden.
Im 2. und 3. Teil dieser Serie haben wir nochmals genau nachgefragt und wollten von der SUISA wissen, wie es im Detail aussieht. Poto Wegener (Leiter der Urheberabteilung bei der SUISA) war so freundlich, uns auch diese Fragen ausführlich zu beantworten.

1.) Im Jahresbericht der SUISA von 2005 ist zu lesen, dass über 70% der ausbezahlten Urheber weniger als CHF 500.- und rund 44% weniger als CHF 100.- verdient haben.
Im Jahresbericht der SUISA von 2006 ist zu lesen, dass von den ausbezahlten SUISA-Mitglieder 72% zwischen CHF 1.- und CHF 99.- verdient haben. Nicht berücksichtigt sind in dieser Statisktik jene, die gar nichts ausbezahlt bekamen. Das dürften etwa die Hälfte aller Urheber sein, die bei der SUISA angemeldet sind.
Würden sie einem Songwriter, der so wenig von der SUISA ausbezahlt bekommt trotzdem raten, SUISA-Mitglied zu bleiben?

Ja. Zwar muss jeder Urheber selber entscheiden, ob er den Vertrag mit der SUISA aufrecht erhalten oder künden will. Dabei ist aber folgendes zu bedenken. Das Musikgeschäft ist voller Überraschungen: Ein Werk, das heute keine oder nur wenige Einnahmen generiert, kann zu einem späteren Zeitpunkt aus irgendwelchen Gründen ein Revival erleben und dem Urheber neue und unerwartete Einnahmen bescheren. Jüngstes Beispiel: Das Werk «Campari Soda» stammt von 1977, es blieb lange ein Geheimtipp. Erst mehr als 20 Jahre nach dem Release wurde der Song durch die Versionen von Span und Stephan Eicher vermehrt genutzt. Im Jahre 2006 kam der Titel erstmals als Single heraus, nachdem er als Musik für einen Werbespot verwendet wurde. Im Januar 2007 erreichte «Campari Soda» schliesslich Platz 3 der Single-Charts.

2.) Wäre es einem SUISA-Mitglied erlaubt, Creative Commons Musikstücke unter einem Pseudonym zu veröffentlichen, das er der SUISA nicht mitgeteilt hat?

Nein. Der Vertrag mit der SUISA (= Wahrnehmungsvertrag) bezieht sich nach Ziff. 2.1 «auf alle nichtdramatischen Musikwerke und deren allfällige Texte (Originalwerke und Bearbeitungen), die der Urheber während der Dauer dieses Vertrages schaffen oder (gemeinsam mit anderen) mitschaffen wird». Ausserdem wird im Vertrag festgehalten, «während der Dauer dieses Vertrages können keine Werke von diesem Vertrag ausgenommen werden».
Will der Urheber ein Pseudonym wählen muss er dies nach Ziff. 7 des Vertrags «im Einvernehmen mit der SUISA … wählen, damit eine Verwechslung mit anderen Namen oder Pseudonymen vermieden werden kann». (Grund: Es soll verhindert werden, dass aufgrund zwei gleicher Pseudonyme Entschädigungen dem falschen Musiker ausbezahlt werden.) Das / die Pseudonym/e sind im Anhang des Vertrags anzuführen.

3.) Im FAQ auf der SUISA-Website steht, dass es einem Urheber freigestellt ist, anstelle der SUISA Mitglied bei einer ausländischen Verwertungsgesellschaft zu werden. Wenn ich beispielsweise Mitglied bei einer Gesellschaft in den USA wäre, hätte ich die Möglichkeit, einen Teil meiner Werke unter eine Creative Commons Lizenz zu stellen. Welche Gründe sprechen aus Sicht eines Schweizer Musikers dagegen, dies zu tun?

Ja, es ist einem Urheber unbenommen, bei einer ausländischen Gesellschaft Mitglied zu werden. Gegen dieses Vorgehen sprechen aber zahlreiche Gründe:

  • So ist zu beachten, dass der Musiker die Aufnahmebedingungen der ausländischen Gesellschaft erfüllen muss, was unter Umständen schwierig sein kann. Beispielsweise nehmen die meisten europäischen Gesellschaften keine Schweizer Urheber auf, sofern diese nicht über einen Wohnsitz im entsprechenden Land verfügen oder Bürger dieses Staates sind. Dieses Vorgehen ist damit zu begründen, dass die Schweiz nicht EU-Mitglied ist.
  • Ebenfalls kenne ich keine europäische Gesellschaft, bei der es dem Mitglied möglich ist, seine Werke unter Creative Commons zu veröffentlichen.
  • Die Verwertungsgesellschaften in den USA weisen zudem folgende Eigenheit auf: Die Gesellschaften kümmern sich nur um die Verwertung von Aufführungs- und Senderechten. Das bedeutet, dass der Urheber die mechanischen Rechte in den USA selbst wahrnehmen muss, also beispielsweise Entschädigungen direkt einkassieren muss, wenn sein Song auf einer CD veröffentlicht wird. Dieses Vorgehen dürfte in der Praxis für einen Schweizer Urheber zum Scheitern verurteilt sein. Denn er wird in aller Regel nicht erfahren, dass sein Song auf einer US-CD veröffentlicht wird (Ausnahme: er ist zugleich Interpret). Hat er jedoch Kenntnis von der Nutzung, ergibt sich das grundsätzliche Problem Gelder in den USA einzufordern.
  • Schliesslich sollte ein Urheber folgendes bedenken bevor er zu einer ausländischen Gesellschaft wechselt: Für einen Schweizer Musiker dürfte es um einiges einfacher sein mit der SUISA zu kommunizieren, als mit einer viel grösseren und anonymeren Gesellschaft in den USA oder andernorts.
  • Datenprozession: IFPI Brief versendet

    Die Digitale Allmend war auch bei der Datenprozession von Sofatrips am 30.3.07 dabei. Kultpavillon war dabei und hat gefilmt, wie Bernhard den von der IFPI an die DJ versendete Brief erläutert und unsere offene Nachfrage an die IFPI auf die wir bisher noch keine Antwort erhalten haben.


    Link: sevenload.com

    Alle Beiträge der Datenprozession gibt es hier.

    Nachtrag:

    Plärr Studios hat schon vor einiger Zeit einen offenen Brief an die Medien gesandt.
    [via PJWassermann’s Blog]

    EMI Group kündigt DRM freie Musik an

    Die EMI Group hat an einer Pressekonferenz zusammen mit Steve Jobs in einer Presseankündigung ankgekündigt, dass sie ab Mai im iTunes Store DRM freie Musik anbieten werden. Die Songs werden in höherer Qualität und zu einem leicht höheren Preis verkauft. Ein zentrales Argument scheint die Interoperabilität zu sein und die Erkenntniss, dass die Konsumenten gerne die Musik auf verschiedenen Playern abspielen lassen wollen. Als Format wird AAC verwendet, d.h. also nicht MP3…

    Neben der Pressemitteilung kann man auch die Slides ansehen oder den Stream anhören.

    Sicher ein Schritt in die richtige Richtung und eine sehr interessante Entwicklung.

    Mehr gibt es bei heise.de []

    FairSharing kritisiert die Musikindustrie

    Das Netzwerk FairSharing kritisiert in ihrer letzten Pressemittelung die Vorhaben der deutschen IFPI. An ihrem Jahreskongress letzten Donnerstag in Berlin wurde angekündigt, dass in Zukunft pro Monat mehr als 1000 Personen verklagt werden sollen, die illegal Musik herunterladen. Der Geschäftsführer der deutschen Phonoverbände hat zudem die Abschaffung der Privatkopie gefordert.

    FairSharing warnt insbesondere vor dem Vorhaben der IFPI, die über Schadensersatzforderungen eingenommenen Beträge in die Finanzierung von Musikunterricht an Schulen fliessen zu lassen. «Anstatt die Jugendlichen vernünftig aufzuklären und sie auch von ihrem Recht auf private Kopien zu informieren wird hier versucht, Schulhöfe zu indoktrinieren. Wir fordern Schulrektorinnen und Lehrerinnen auf, eine solch gezielte Desinformation zu verhindern», meint Sebastian Brux von der Grünen Jugend, welche zusammen mit dem Foebud e.V. und der Attac AG Wissensallmende zu den FairSharing-Mitglieder zählen.

    Fragen an die IFPI Schweiz

    Vor einem Monat hat die IFPI Schweiz an verschiedene DJs einen «DJ-Vertrag» zugeschickt, und sie «für Vervielfältigung von Tonaufnahmen zum Zwecke der Ausübung einer DJ-Tätigkeit» kräftig zur Kasse gebeten. Dies hat viele DJs verunsichert. Nach wie vor gibt es viele offene Fragen. Um etwas Klarheit zu schaffen, haben wir die IFPI gebeten, uns 19 Fragen zu beantworten.

    Hier eine Auswahl:

    1.) Wieso wurde der Brief nur an ein paar wenige DJs verschickt und nicht gleich mit einer Pressemitteilung oder zumindest einer Mitteilung auf ihrer Website einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht?

    7.) Haben DJs, denen den Vertrag nicht zugeschickt wurde und die nicht darüber informiert wurden, auch mit zivil- und strafrechtlichen Folgen zu rechnen?

    8.) Betrifft die Regelung auch ausländische DJs, die in der Schweiz auflegen?

    9.) Ist der DJ gezwungen, auf das Auflegen einer CD zu verzichten, wenn diese einen Kopierschutz enthält, der das Abspielen auf seiner Anlage verunmöglicht?

    10.) Müssen DJs auch etwas an die IFPI bezahlen, wenn sie ihre Songs über den iTunes Music Store von Apple oder einem anderen Online-Anbieter im MP3- oder AAC-Format gekauft haben?

    15.) In dem “DJ-Vertrag” steht: “DJ gewährt IFPI vollumfänglich Einblick in alle bezüglich Internet-Nutzung verfügbaren statistischen Daten (z.B. log-files).” Was genau beinhalten diese statistischen Daten?

    19.) In ihrem Schreiben an die DJs fehlt eine rechtliche Begründung zu den einzelnen Forderungen. Wir bitten sie deshalb um eine klare und differenzierte rechtliche Begründung.

    Den kompletten Inhalt des Briefes gibt es hier zu lesen.