Millionen sparen mit Open Source

Die NZZ hat einen interessanten Bericht über die positiven Erfahrungen des Kanton Solothurns mit dem Umstieg auf Open Source Software. Vor dem Hintergrund der “fragwürdige Vergabe eines 42-Millionen-Franken-Auftrages durch den Bund an Microsoft unter Ausschaltung des Wettbewerbs” besonders relevant.

Der Bund verlängerte die Lizenzverträge mit Microsoft für 42 Millionen Franken. Anders entschieden hat vor acht Jahren der Kanton Solothurn – und flächendeckend Linux installiert. Er spart seither Jahr für Jahr viel Geld und verfügt erst noch über flexiblere EDV-Systeme.

Open Source Diskurse im Wandel

Mit den Diskursen der Open Source Bewegung und deren Widersprüchen beschäftigt sich Andrea Hemetsberger im Open Source Jahrbuch 2008 (1). Sie konstatiert ein Spannungsfeld zwischen traditionellem und universalistischem Diskurs.

Hemetsberger skizziert die Free / Open Source Gemeinschaft als soziale Bewegung, die sich nicht um eine antikapitalistische Strategie dreht. Vielmehr hat sie durch „kollektives Handeln” Möglichkeiten für „radikal alternative Formen” der Zusammenarbeit und der Produktion wertvoller öffentlicher Güter hervorgebracht. Die Autorin weist darauf hin, dass die Produktion von Gütern auf dem Internet einer speziellen Logik folgt. Relevant ist nur, was auf dem Netz sichtbar ist – konventionelle Machtstrukturen treten zurück. Das wurde in der Diskussion kritisch hinterfragt. Wohl entfallen Kontrollelemente, die etwa beim Auftauchen in einer Szenenbar greifen. Andererseits ist auch etwa das Eintauchen in eine Software-Entwickler Szene von Ausschliessungsmechanismen begleitet.

Die Diskussion in der Lesegruppe ‚Wissensgesellschaft’ der Digitalen Allmend hat sich auch darum gedreht, was denn eine soziale Bewegung in diesem Fall ausmacht. So wurde auf die 80er und 90er Jahre zurückgeblendet und gefragt, ob die bastelnden Computer Hobbyisten der 8oer Jahr auch zu dieser Bewegung zählten. Weiter wurde auch darauf hingewiesen, dass andere Wurzeln in die Universitäten zurückreichen, was ein professionelles und nicht ein zivilgesellschaftliches Umfeld darstellt. In der Diskussion wird bedauert, dass Hemetsberger etwas allgemein bleibt. Ein genauerer Blick auf die Szene der Pionierzeiten wäre sicher spannend.

Die Autorin geht auf die Frage ein, welche Rolle kulturelle Codes im Diskurs von sozialen Bewegungen spielen. Mit Verweis auf eine leider nicht weiter dokumentierte Untersuchung von Material aus slashdot.org identifiziert Andrea Hemetsberger zwei unterschiedliche Diskurse – auf traditionellen und universalistischen Codes basierenden. Traditionelle Codes beziehen sich auf antikapitalistische, Gut und Bös scheidende Elemente, die der Identität und Stabilität der Bewegung dienen. Universalistische Codes sind offen und zielen auf produktiven sozialen Wandel.

Die Unterscheidung wird in der Diskussion als relevant angesehen. Sie erinnert an den Fundi – Realo Dualismus in der Diskussion um die deutschen Grünen. Ob die Begrifflichkeit nun wirklich passend ist, bleibt fraglich. Die Position, die hier einfach als „traditionell” gefasst wird, kann durchaus unterschiedliche Haltungen umfassen: Eine gebetsmühlenartige Wiederholung ideologischer Phrasen ist nicht identisch mit einem Verfolgen strategischer Ziele. Solche Unterschiede verschwinden bei der vorliegenden Code-Analyse.

Die Autorin legt in der Folge dar, dass es durchaus gelingen könne, utopisch-humanistischen Diskurs mit praktischem Erfolg zu verbinden. Digitale Güter sind von der Art, dass Verschenken keinen Mangel beim Geber hervorruft, sondern die Beschenkten für die Erweiterung von Einfluss und Ansehen einspannt. Die Praktiken der Free / Open Source Bewegung nützen die Freiheit, das kapitalistische Denken umzudrehen und „gerade durch scheinbar altruistische Handlungen umso mehr Erfolg und sogar Profit zu machen” /129/. Ob das mit Befreiung von Marktlogik, entfremdeter Arbeit und fehlerhafter Software gleichgesetzt werden kann? Sobald Geld fliesst und Profit gemacht wird, ist doch wohl der Markt am Werk?

Die Codierungslogik der vorliegenden Analyse lässt andere Dimensionen der Bewegung etwas aus dem Blickfeld treten. In der Diskussion erscheint die Frage, welche Bedeutung das Handeln von kleineren Firmen und an Konzerne gebundenen Leuten in der Open Source Bewegung hat. Das sieht nach einer hybriden Konfiguration aus, die nicht einfach einer Logik zivilgesellschaftlicher Akteure folgt.

1) ANDREA HEMETSBERGER. Vom Revolutionär zum Unternehmer. Die F/OSS-Bewegung im Wandel.  In: Open Source Jahrbuch 2008.

The Future of the Open Source Desktop

2. The Future of the Open Source Desktop – KDE Release Event

Datum: Mi 28.1.
Zeit: 17:30
Ort: ETH Zürich, Audimax

Zur Veröffentlichung der lang erwarteten KDE Version 4.2. hat [project 21] einen Release Event ins Leben gerufen.

Mit Aaron Seigo konnten wir einen engagierten Mitentwickler von KDE als Redner gewinnen. Er setzt sich seit 8 Jahren aktiv für die Weiterentwicklung und Bekanntmachung von KDE ein und gehört zu den 50 gefragtesten Rednern in der IT Branche dieses Jahr.
Georg Greve von der Free Software Foundation Europe stellt die Verbindung zwischen Open Source und Nachhaltigkeit her.

Der Anlass wird abgerundet mit einem Apéro.

Was ist KDE?
KDE ist eines der weltweit grössten Open Source projekte, mit rund 1500 aktiven Mitarbeiter und einer geschätzten Benutzerzahl von weit über 50 Millionen. Neben einer benutzerfreundlichen Oberfläche für Linux und andere UNIX Betriebssysteme bietet das Projekt auch hunderte von Softwaretiteln aus allen Kategorien. Vom Webbrowser über instant messaging und Email software, Lernspiele für Kinder, Audio und Video player bis hin zur kompletten Office Suite ist alles dabei. KDE Software ist in über 60 Sprachen übersetzt und kann seit kurzem auch auf den Microsoft Windows und Apple Mac OS X Betriebssystemen verwendet werden.

Weitere Informationen auf der Webseite von KDE

Linux und das Bazar Modell

Wie lassen sich das organisatorische Modell und die Methoden beschreiben, mit denen sich Linux und andere Open Source Projekte entwickelt haben? In einem wichtigen Text greift Eric Raymond 1997 zur Metapher von Kathedrale und Bazar (1). Das Konzept Kathedrale entspricht einem Projekt – mit Plan, zentralen Ressourcen und einer hierarchischen Organisationsstruktur.

In der Diskussion wurde die Frage aufgeworfen, wie weit das Bild des Bazars zutrifft. Auf dem Bazar treffen gleichartige Akteure aufeinander, vermittelnd wirkt der Marktmechanismus. In der Linux Community treffen die Entwickler nicht einfach unstrukturiert aufeinander, sondern in einem moderierten Prozess.

Der Moderator in diesem Fall ist Linus Torvalds. Eric Ramond betont in seinem Text immer wieder Torvalds unverzichtbare Rolle – beim mobilisieren des weltweiten Talentpools oder als „Gatekeeper“. Seine „design intuition and cleverness“ seien unverzichtbar. Die Diskussionsrunde hat hier durchaus Parallelen zu kleineren zivilgesellschaftlichen Projekten, wo eine moderierende, motivierende, kommunikative Figur häufig unabdingbar ist. Optimal ist, wenn diese Leaderfigur nicht einfach eigene Vorstellungen implementieren will, sondern im Gravitationszentrum des Netzwerks mitdriftet.

Hier liegt wohl auch ein Beitrag zu Frage, warum die Linux-Community nicht durch kreuz und quer verlaufende Spaltungen pulverisiert worden ist. Einerseits halten Linus und ein engeres Netz die Community im Zustand von Offenheit und Ausgleich. Andererseits ist Linus eben auch deswegen stark legitimiert – den meisten Entwicklern dürfte klar sein, dass ein Zerfall in verschiedene kleine Kernel-Communities das Ende der Relevanz von Linux bedeuten würde.

Grössere Passagen des Textes sind ziemlich praxisnah. Raymond bringt Erfahrungen aus der Entwicklung des Mailprogramms „Fetchmail“ ein. Er betont, dass Entwickler von persönlichem Interesse an der Sache getrieben sein sollten.

In zurückhaltender Tonart geht Raymond auf die Frage ein, was das erfolgreiche Funktionieren der Linux-Community erklären kann. Er spricht mit dem Anarchisten Kropotkin die Mobilisierung „vieler zusammen strebender Willenskräfte“ an. Raymond verweist auf selbstadaptive Systeme in Biologie und Wirtschaft.

Diese Elemente treffen aber auch auf andere Bewegungen mit zivilgesellschaftlichen Wurzeln zu und erklären nicht unbedingt, warum ausserhalb der digitalen Welt von Linux stark institutionalisierte Formen der nationalen und internationalen Zusammenarbeit dominieren, etwa bei WWF, Mobility oder Pfadfindern.

Zum Schluss haben wir in der Lesegruppe „Wissensgesellschaft“ auch noch kurz diskutiert, was den Linux von andern Betriebssystem unterscheidet. Hypothese: Kathedralenprojekte wie Windows oder MacOS werden durchgehend als Produkte geplant, entwickelt und vermarktet. Bei Linux sind die Ebenen von Ressource und Produkt getrennt. Linux als Set von Kernel, Treibern und weiteren Modulen ist eine Ressource, die von der Entwicklercommunity fliessend erweitert wird. Zum Produkt wird Linux als Distribution. Da schnüren andere, teils stark institutionalisierte Akteure Bausteine aus dem Ressourcenpool zu einem für Endanwender nutzbaren Produkt.

Urs

 

1) Eric Raymond – The cathedral and the bazar
http://www.catb.org/esr/writings/cathedral-bazaar/

Ankündigung OpenExpo 2008 Winterthur – 24/25.9

Die nächste OpenExpo findet vom 24 bis 25. September in der Eulachhalle Winterthur statt:

Mit renommierten nationalen und internationalen Persönlichkeiten wie Bruce Perens (Gründer Open Source Initiative), Peter Fischer (Delegierter Informatikstrategieorgan Bund), Stefan Arn (Präsident ICTswitzerland, UBS), Tristan Nitot (Mozilla Europe) und Harald Welte (gpl-violations.org) bietet das Konferenzprogramm reichhaltiges Expertenwissen in 40 Fachreferaten. In der Messeausstellung werden 20 Unternehmen ihre Dienstleistungen und Produkte basierend auf Freier Software vorstellen und Community-Mitglieder im persönlichen Gespräch Fragen zu 40 Open Source Projekten beantworten.

Ubuntu 8.04 Release Party

Zwar nicht unsere Veranstaltung, aber natürlich dennoch sehr empfehlenswert für alle, die sich für Ubuntu und freie Software interessieren.

Tag der offenen Tür “Ubuntu 8.04” (Hardy Heron), Samstag den 24. Mai 2008, Vertiefung Mediale Künste, Sihlquai 131, Zürich

Die schweizerische Ubuntu-Community organisiert einen Tag der offenen Tür, um die neueste Version des freien Betriebsystems Ubuntu vorzustellen.

Die Veranstaltung richtet sich an Personen – auch unerfahrene Computerbenutzer – die einen Einblick in Ubuntu haben möchten, in seine Funktionsweise und die Möglichkeiten, die es bietet. In zahlreichen
Vorträgen werden die Hauptkomponenten und -anwendungen vorgestellt. Es wird zur Genüge die Möglichkeit geben, Ubuntu und seine Anwendungen vor Ort auf zur Verfügung gestellten Rechnern auszuprobieren. Sie können sich auch mit Fachleuten unterhalten oder Leute aus der Community kennen lernen, sogar einen der Entwickler von Amarok, einem freien Musikplayer.

Ganz herzlich eingeladen sind auch die Journalisten von Presse, Rundfunk und TV: Samstag den 24. Mai 2008 an der Zürcher Hochschule der Künste, Vertiefung Mediale Künste, Sihlquai 131, Zürich.

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Open Source an Schulen – Weiterbildungstag

Open Source Software an Schulen ist ein wichtiges Thema. Gerade deshalb möchten wir auf folgende Veranstaltung aufmerksam machen:

Gerne möchten wir nochmal auf die am Samstag, 24. Mai 2008 stattfindende Weiterbildungstagung zu Open Source Software hinweisen. Rund 20 Anmeldungen sind eingetroffenen, was aber leider noch zu wenige sind, als dass die Tagung durchgeführt werden kann. Wir brauchen noch mindestens 10 Anmeldungen. Deshalb würde es uns freuen, wenn Sie sich für eine Teilnahme entschliessen können und sich bis am kommenden Montag, 28. April auf
http://www.ossanschulen.ch/weiterbildungstagung-2008/ anmelden.

Informatica08 – Nodus als Plattform der Informationsgesellschaft

Dieses Jahr findet in der Schweiz das Jahr der Informatik “informatica08” statt. Verschiedene Zivilgesellschaftliche Gruppierungen haben sich nun letzten Samstag getroffen und richten unter Nodus.ch eine Plattform für Stimmen der Informationsgesellschaft ein. Enstanden ist die Idee im Rahmen der Swissgettogether am 24 CCC Kongress in Berlin und an einem weiteren Treffen wurde die Idee konkretisiert:

Heute schliesslich kam es zum Nachtreffen, mit neuen Organisationen und Menschen der Zivilgesellschaft mit an Bord, welche zusammen ihre Ideale für eine gerechte, auf offenen Standards basierende Informationsgesellschaft einbringen möchten, die für eine Informatik einsteht, die technisch kreativ ist und zugleich immerzu konstruktiv ist.

Die Teilnehmer des Treffs haben beschlossen der Nodus-Plattform ein Revival zu bescheren, mit einer Neuausrichtung zur informatica08. Nicht nur soll auf unsere Beiträge zur informatica08 hingewiesen werden – über die Nodus-Plattform, sondern möchten wir uns auch kritisch mit den Ergebnissen der Veranstaltungsreihe der informatica08 beschäftigen und dabei eine öffentliche Debatte mit auslösen helfen.

Das Protokoll der letzten Sitzung ist online und wer Interesse hat aktiv mitzumachen meldet sich am besten gleich bei Nodus.ch.

IFPI mal anders: «inspiring people to share!» ;) [Update]

Die IFPI ist immer wieder gut für Überraschungen. Nach dem unfreiwilligen Redesign von ifpi.com erstrahlt seit diesem Montag nun auch die Website www.musikindustrie.de, die von der Deutschen IFPI-Sektion unterhält wird, in neuem Gewand.

Auf der Homepage prangert gleich unter dem neuen Logo ein grosser Countown, der dem Besucher vor Auge führen soll, wie viele illegale Downloads seit Anfang Jahr getätigt wurden. Was die IFPI genau darunter versteht und wie sie auf diese Zahl kommt steht leider nirgends.

Erst wenn man sich den Quelltext der Website anschaut, die auf dem freien CMS Typo3 basiert, erhält man einen Hinweis, wie das mit dem Download-Zähler gemeint sein könnte. In der 7. Zeile des Quellcodes steht nämlich folgendes:

This website is powered by TYPO3 – inspiring people to share!

[Update]:
Auf Nachfrage hat uns Sylvia Reitz vom Bundesverband Musikindustrie e.V. mitgeteilt, dass der Downloadzähler auf musikindustrie.de auf der Zahl der illegalen Downloads im Jahr 2006 basiert, welche die IFPI in ihrer Brennerstudie ermitteln liess. An dieser Studie, die von der Gesellschaft für Konsumentenforschung (GfK) durchgeführt wurde, nahmen 10’000 Peresonen teil. Mehr Infos dazu in diesem Artikel auf Spiegel Online.