Kühe, Untertitel und Urheberrecht

Über Claude Almansis kurze Analyse von Medien im Internet:

Ich habe den schönen Titel von Claude Almansi geklaut. Die hübsche Alliteration der englischen Version [1] ging dabei leider verloren.

Jedesmal wenn ich ein Link auf Video oder Sound erhalte, stelle ich es erst mal zurück. Und das nicht nur wegen dem Kopfhörergebot im Mehrpersonenbüro. Das Ärgerliche an diesen Medien ist, dass sie unkomprimierbare Lebenszeit fressen. Zwar haben Mitglieder von Filmfestivaljurys gelernt, Filme auch kompetent zu beurteilen, die sie in doppelter Geschwindigkeit visionieren. Aber das Medium sträubt sich gegen das Auffinden einzelner Stellen, gegen das Zitieren kurzer Ausschnitte und kommuniziert Lerninhalte deutlich schlechter als Text + Bild. Es kennt keine Inhaltsverzeichnisse und kein Sachregister, ist nicht volltext-indexierbar und wird darum selten gefunden, wenn man nach Sachinformation sucht. Die neue Vorschaubildchenfunktion hat zwar einen deutlichen Fortschritt gebracht, löst aber die angeführten Probleme für Video kaum und für Sound überhaupt nicht.

Diese Tatsache dient Claude Almansi als Ausgangspunkt ihres amüsanten Plädoyers für ungehinderte Untertitelung. Untertitel verschaffen Bewegtbild + Ton viele Vorteile, die sonst nur Text + Bild vorbehalten sind. Der Grundsatz, dass für Menschen ohne Behinderung gut ist, was für Menschen mit Behinderung gut ist, bewährt sich hier einmal mehr.
Ausserdem geht multilinguale Untertitelung weit über einfache Barrierenfreiheit hinaus und bewältigt eine multikulturelle Kommunikationsaufgabe, die von Wikipedia heute erst langsam in Angriff genommen wird.

Wie bei allen Internet-Themen stellen sich dem löblichen Unterfangen technische und juristische Hindernisse in den Weg. Die technischen Ansätze werden von Claude ausführlich besprochen. Das juristische Problem scheitert an der WIPO, die seit Jahren den Auftrag hat, das Urheberrecht zugunsten von Menschen mit Behinderungen einzuschränken und diesem Auftrag bis heute nicht nachgekommen ist [2]. Warum das so ist, entnimmt man einer kleinen Anekdote von Claude:

Ich nahm an einem WIPO-Treffen teil zu diesem Abkommen für Blinde und Lesebehinderte. Eine französische Dame vertrat die europäischen Presseverleger und wehrte sich sehr heftig dagegen. Deshalb fragte ich sie in einer Kaffeepause, warum sie so stark gegen Blinde eingestellt sei – war sie vielleicht einmal von einer blinden Person verletzt worden? Sie sagte nein, aber sie sei aus Prinzip gegen JEGLICHE Urheberrechtsschranken, „weil Google News [geistiges Eigentum] klaut …“

Was das Ganze nun mit dem Verdauungstrakt der Kühe zu tun hat, findet man im Originalbeitrag von Claude Almansi.

Musik-Flatrate nach Gerd Leonhard – Video des Medienkulturgesprächs und Berichte

Die These: Musik fliesst heute überall, jederzeit und auf allen Geräten, egal ob wir einen Download oder einen sog. Stream wollen. Der Unterschied zwischen Anhören und Besitzen ist bereits fast vollkommen verschwunden – und genau das ist die Herausforderung für die gesamte Musikwirtschaft. Wir brauchen dringend neue Geschäfts- und Kulturmodelle die diesem unwiderlegbaren Trend Rechnung tragen.

Rund um obengenante These fand am 28 November 2012 in der Roten Fabrik ein Medienkulturgespräch satt. Gerd Leonhard (Autor, Musiker, Futurist und CEO TheFuturesAgency (Basel)) stellte seine Idee einer Internet Musiklizenz und Musik-Flatrate vor. Folgende Experten und Interessenvertreter gaben Stellungsnahmen ab: Tim Renner / MotorMusic Berlin, Poto Wegener / Swissperform. Hartwig Thomas – Digitale Allmend, Reto Burrell – Musikschaffender, Wolfgang Schögl – SofaSurfer, Fabian Niggemeier – SUISA, Michael Gregr – Piratenpartei, Michel Rudin -Konsumentenforum. Moderiert von Philipp Schnyder von Wartensee – Festivalleiter m4music beim Migros-Kulturprozent.

kultur.tv hat die Aufnahmen der Veranstaltung um das Musik-Flatrate veröffentlicht. Man kann sich dort die Präsentation, Stellungsnahmen und Diskussion ansehen.

Gerd Leonhard – Die Flatrate hier
Alle Beiträge hier
Alle Beiträge auf YouTube als Playlist hier

Musikmarkt hat auch über die Veranstaltung berichtet: “Musik-Flatrate: Gerd Leonhard polarisiert die Schweizer Branche”

Vorgängig hat es auch einige Beiträge in Zeitungen gegeben:

Gerd Leonhard hat auf seiner Webseite noch mehr Ressourcen zum Thema zusammengestellt.

Muzak Flatrate

Die Musik Flatrate – das Schweizer Modell überschrieb Gerd Leonhard seinen offenen Brief vom 1. Juni 2012 an die Rechteinhaber, Verwertungsgesellschaften, Verbände von Musikschaffenden und Musikproduzenten und an den Bundesrat, in welchem er eine neue Lizenz für online verbreitete Musik vorschlägt. Postwendend erhielt der Futurist und Musiker von den Verwertungs­gesellschaf­ten, den Verbänden der Musikindustrie und dem Verein Musikschaffende Schweiz, die vorgeben, für die Direktbetroffenen zu sprechen, die Antwort, dieses neue Konzept sei eher eine Schnappsidee als ein Segen. Dabei würde Leonhards Vorschlag gerade den grossen Labels, den vermeintlichen Profiteuren einer Verschärfung des Urheberrechts, nützen, welche die seichteste Hintergrundmusik, auch Muzak genannt, auf Kosten echter Musik fördern wollen.

Hier soll es für einmal nicht um die ewig-gestrigen Argumente der „Enteignung“ gehen, wie sie von den Gegnern Leonhards wieder mal angeführt werden. Dieselbe Regelung für das Radio wird von denselben Organisationen kräftig ausgebeutet, ohne dass jemals von Enteignung die Rede ist. Das „Eigentum“ an veröffentlichter Musik kann nur beanspruchen, wer auch die Verantwortung dafür übernimmt, dass die Menschen von ihnen unerwünscht aufgedrängter Beschallung mit seiner Musik verschont bleiben. Stattdessen möchte ich Leonhards Vorschlag etwas ergänzen.

Leonhard schwebt eine Zukunft vor, wo Musik flüssig und allgegenwärtig verfügbar ist, wie das Wasser, das aus dem Wasserhahn strömt. Natürlich bezahlen Hausbesitzer, Mieter etc. für die Infrastruktur des Wassers pauschale Preise, aber der einzelne Bezug von Wasser erscheint dem Konsumenten gratis. Dafür schlägt er eine obligatorische Pauschallizenz vor, welche den Nutzern eingeräumt wird, damit sie musikalische Inhalte online anbieten dürfen. Die Musiker und die Musikindustrie räumten in den dreissiger Jahren dem Radio eine Pauschallizenz für das Abspielen beliebiger Schallplatten ein. Gemäss Leonhard sollen die Uploader im Internet gleich behandelt werden, wie das Radio schon seit fünfzig Jahren. Die Symbiose mit dem Radio hatte sich für die Musikindustrie ja durchaus gelohnt.

Die Schweiz ist weitherum das einzige Land, wo der Download von Musik – wie übrigens auch das Radiohören – nicht strafbar ist. Das hat den unschätzbaren Vorteil, dass die Plattenindustrie hierzulande die alleinerziehenden Mütter von 14-jährigen Töchtern nicht mit Abmahnungen und Gerichtsverfahren terrorisieren kann, dass unsere Pausenplätze nicht kriminalisiert werden, und dass den Labels und Musikern nicht das Recht eingeräumt wird, alle privaten Providerdaten und jeden PC, jedes Notebook und jedes Smartphone zu durchschnüffeln. Dafür bezahlen die Schweizer schon heute eine Art Musik Flatrate von 150’000’000 Franken pro Jahr, die von den Verwertungsgesell­schaf­ten in Form von Pauschalabgaben auf Leerdatenträgern, Geräten, Netzwerkgebühren für Firmen und Spezialgebühren für Blindenbibliotheken abverlangt werden. Die Musikindustrie, der Verein Musikschaffende Schweiz und eine Reihe von Parlamentariern möchte diesen Zustand gerne ändern, die fortschrittliche Schweizer Version abschaffen, wie im Rest der EU die flächendeckende strafrechtliche Bedrohung aller Bürger durch die Rechteinhaber einführen und damit die freie Meinungsäusserung abschaffen.

Leonhards Vorschlag will dagegen über die Straffreiheit des Downloads hinaus sogar eine potenzielle Straffreiheit des Uploads einführen. Wer Musik ins Internet lädt, soll in Zukunft die Erlaubnis dazu mit einer einfachen, pauschalen Abgabe bezahlen können. Wie iTunes es den Konsumenten (Downloadern) einfach machte, für Musik zu bezahlen, soll diese neue Flatrate es den Nutzern (Uploadern) einfach machen. Die Höhe der Flatrate wäre so anzusetzen, dass sie die Ausfälle der Musikindustrie deckt. Überraschenderweise kommt er auf rund 150’000’000 Franken pro Jahr, wie sie schon heute an die Verwertungsgesellschaften bezahlt werden und in deren exorbitanten Löhnen und den Taschen der wenigen ganz grossen Labels verschwinden, ohne dass die Musikschaffenden sich fair entschädigt vorkommen. Die Einführung einer solchen neuen Lizenz würde der Politik die Möglichkeit einräumen, mit dem Missständen bei den Verwertungsgesell­schaf­ten Schluss zu machen und sie von ihren öffentlich-rechtlichen Aufgaben zu befreien, damit sie sich ganz ihrer Hauptaufgabe, der kollektiven Verwertung der Werke ihrer Genossenschafter, widmen können.

Die alles entscheidende Frage ist aber, ob dieser Vorschlag zu einer fairen Entschädigung der Musikschaffenden führt. Das ist nicht unbedingt gleichzusetzen mit einer fairen Entschädigung für die Rechteinhaber, da die meisten Musikschaffenden zu eher unfairen Vereinbarungen mit den übermächtigen Labels gezwungen wurden. Und hier entpuppt sich die vorgeschlagene Musik Flatrate als unzulänglich. Die Verteilung der Einnahmen soll nämlich proportional zu den Downloads (Streaming etc.) erfolgen. Damit wird die der grössten Menge mit der grössten Anzahl Wiederholungen vorgedudelte Hintergrundmusik auf Werbebannern und an öffentlichen Plätzen, die unfreiwillig konsumiert wird, am meisten belohnt. Die visionäre Musik Flatrate degeneriert so zur Muzak Flatrate.

Das Bild „Musik flüssig und allgegenwärtig wie Wasser“ beschreibt nämlich Muzak, die repetierbare Konservenform der Musik, wie wir sie aus Warenhäusern, Aufzügen, Bahnhöfen, Werbebannern etc. kennen. Eigentliche Musik ist hingegen ein in der Zeit einmaliges und unrepetierbares temporales Ereignis. Sie schafft und verstärkt Identität in der Disco, in der Oper, beim Volkstanz, im Sport, im Konzert, in der Kirche, in der Werbung, in der Politik. Wir kaufen uns Konserven, um an das identitätsstiftende Erlebnis erinnert zu werden. Ohne dieses Erlebnis oder als reines Hintergrundgedudel sinkt sie aber schnell auf das Niveau von Muzak ab.

Die digitale Revolution hat der Musik ungeahnte neue Freiräume eröffnet. Waren die Vierteltontrompeten und der 31/32-Takt der New Don Ellis Band in den Siebziger Jahren noch revolutionär, so können wir heute bisher unbekannte Welten von Geräuschen, Harmonien und Rhythmen betreten, die man sich vor dem Siegeszug der digitalen Musik nicht einmal vorstellen konnte. Wir können eine Symphonie mit singenden Walfischen oder einen Online-Chor mit Millionen von Sängern aufführen. Statt der lächerlichen zwölf radiogerechten Dreiminutentracks pro CD gibt es heute auch 3-Sekunden- oder 24-Stundenevents. Und all diese echte, einmalige Musik – ob Live oder online – findet heute mehr Beachtung denn je. Die Einnahmen aus Konzerten sind in den letzten Jahren mit Wachstumsraten über 10% förmlich explodiert. Man kann sich nur wundern, warum denn die Musiker ein Problem mit ihrer fairen Entschädigung haben sollen. Betrifft das möglicherweise nur diejenigen Musiker, die mediokre Musik anbieten, die keine Identität stiftet? Warum sollten wir diese mit staatlicher Hilfe entschädigen und dafür die Schweizer Bevölkerung dem deutschen Abmahnwahnsinn aussetzen?

Um die Muzak Flatrate in eine richtige Musik Flatrate zu verwandeln, sollten wir also den Verteilungsmechanismus im Vorschlag von Gerd Leonhard ändern. Die Konsumenten sollen frei wählen können, welcher Musik die Einnahmen aus der Flatrate zukommen soll. Nur so kann man die heute schon bestehende übermässige Bevorzugung der unerwünscht aufgedrängte Muzak zugunsten einer fairen Entschädigung der Urheber wirklicher Musik ausgleichen.

Ein paar Überlegungen zu einer Kulturflatrate für die Schweiz

Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat der Arbeitsgruppe AGUR12 den Auftrag erteilt, auch so etwas wie eine Kulturflatrate als Option in Erwägung zu ziehen, die den Rechteinhabern faire Entlöhnung und den Internetnutzern straffreien Konsum (Download) ermöglicht.

Die Idee einer Kulturflatrate stammt hauptsächlich aus Deutschland, wo Organisationen wie Attac oder die deutsche Piratenpartei sie seit mehreren Jahren und seit kurzem auch die Grünen propagieren. Dort zielt die Idee einer flächendeckenden pauschalen Abgabe vor allem darauf, den Abmahnwahnsinn zu beenden und die Benutzung des Internets zu entkriminalisieren.

In der Schweiz ist es selbst denjenigen Jugendlichen, die viel Musik herunterladen, kaum bekannt, dass hierzulande der Konsum (Download) kultureller Inhalte von Gesetzes wegen straffrei ist. So stark wirkt die Lügenpropaganda einer weltweiten Lobby! Der Upload von Werken, deren Rechte man nicht innehat, ist natürlich verboten. Teilnahme an einem P2P-Dienst wird sowohl als Download als auch als Upload eingestuft, und ist somit ebenfalls verboten. Wer legal Werke herunterlädt ist ausserdem in der Schweiz nicht verpflichtet, nachzuweisen, dass sie nicht auf illegalem Weg hinaufgeladen wurden. Mit dieser Regelung hat die Schweiz verhindert, dass man den Rechteinhabern den Zutritt zu jedem Provider, zu jedem Computer, zu jedem Mobiltelefon, zu jedem Schlafzimmer gewähren muss, damit sie gegen Verletzungen ihrer Rechte vorgehen können. Die Privatsphäre ist hier besser gegen die weltweit agierende Lobby von multinationalen Rechteinhabern geschützt. Als Gegenleistung für die durch den straffreien Konsum (Download) und die straffreie Privatkopie entgangenen Profite, bezahlen die Schweizer Bürger jedes Jahr hunderte von Millionen Franken Pauschalabgaben an die fünf hiesigen Verwertungsgesellschaften, welche diese an die Rechteinhaber verteilen. In einem gewissen Sinn haben wir also in der Schweiz schon eine Kulturflatrate in Form von 12 Gemeinsamen Tarifen der fünf Schweizer Verwertungsgesellschaften (SUISA, Swissperform, ProLitteris, SSA und Suissimage) für Abgaben auf Leergut (DVDs, …), Geräten (Mobiltelefonen, …), Arbeitsplätzen (Fotokopien, Netzwerkbenutzung, …), Schulen und Blindenbibliotheken.

Das Argument, dass mit der Einführung einer Kulturflatrate der Abmahnwahnsinn abgeschafft werden kann, verfängt also in der Schweiz nicht richtig, weil hier der Konsum kultureller Inhalte ohnehin schon straffrei ist. Der Verein Musikschaffende Schweiz und die SP Schweiz möchten diesen Zustand allerdings ändern. Die mächtige Lobby der internationalen Wissenschaftsverlage, der drei weltweit grössten Musiklabels und der Studios in Hollywood lässt sich ihre Agitation für die Kriminalisierung des Konsums Einiges kosten.

Wenn man dem Publikum in der Schweiz eine Kulturflatrate schmackhaft machen will, muss man zeigen, dass sie besser eingerichtet ist als unsere bisherigen Pauschalabgaben an die Verwertungsgesellschaften. Wir müssen also über eine mögliche Ausgestaltung einer Kulturflatrate diskutieren, welche uns weiterhin Straffreiheit des Kulturkonsums (Download) garantiert. Dabei geht es um

  • ihre Administration,
  • ihre Höhe,
  • die Verteilung der Zahlungspflichten und
  • die Verteilung der Beiträge an die Rechteinhaber.

Administration einer Kulturflatrate

Die Administration der Verwertungsgesellschaften hat seit der Urheberrechtsrevision 1992 immer wieder zu Klagen Anlass gegeben. Die ProLitteris schaffte es jahrelang, mehr als 50 Prozent administrative Kosten zu generieren. Die Geschäftsführer der Verwertungsgesellschaften erzielen Gehälter von 200’000 bis 400’000 Franken pro Jahr, was auch schon einmal Anlass zu einer parlamentarischen Anfrage nach staatlicher Kontrolle ihrer Löhne gab, zum Beispiel durch ihre Aufsichtsbehörde, das IGE (Institut für Geistiges Eigentum). In den Jahren 2010-2012 erzielte Dr. Ernst Hefti von der ProLitteris sogar eine private Einnahme von fast 700’000 Franken, weil ihm der Vorstand dieser Genossenschaft zusätzlich zu seinem regulären Gehalt von 366’000 Franken eine auf drei Jahre verteilte ausserordentliche Pensionskassenzahlung in der Höhe von einer Million Franken bewilligte. Sonst müsse der arme Mann nach seiner Pensionierung von nur 28% seines früheren Gehalts (also rund 90’000 Franken pro Jahr) leben! Die Verwertungsgesellschaften haben sich in dieser Hinsicht immer der Kontrolle durch die Administration entzogen, indem sie ihre Doppelrolle als private Genossenschaften in den Vordergrund schoben, welche im Auftrag ihrer Mitglieder die kollektive Verwertung betreiben und daher nur diesen gegenüber rechenschaftspflichtig über ihre Administrationskosten seien. Ihre Mitglieder sind einerseits viele kleine Urheber, die praktisch nie an der Genossenschafterversammlung erscheinen, und andererseits einige wenige Verwerter (internationale Verlage, Labels, Studios), die mehr als 90% aller zu verteilenden Gelder kassieren und natürlich grosszügig mit der Verwaltung der Genossenschaft umgehen.

Wenn also eine flächendeckende Pauschalabgabe unter dem Titel Kulturflatrate eingeführt wird, müsste sie solche Missstände beim heutigen Umgang mit Pauschalabgaben beseitigen. Einerseits müssten die Verwertungsgesellschaften ihres öffentlichen Auftrags, Pauschalabgaben von der ganzen Bevölkerung einzuziehen, gänzlich enthoben werden. Als private, gewerkschaftliche Vereinigungen von Rechteinhabern zum Zwecke der kollektiven Verwertung können sie dann weiter führen, was ihre Mitglieder tolerieren. Aber sie hätten keinen Zugriff mehr auf allgemeine Abgaben und müssten ihre Angriffe gegen das Internet einstellen. Die 12 Gemeinsamen Tarife wären durch eine einzige Kulturflatrate zu ersetzen, deren Höhe angemessen festzusetzen ist und deren Bezahlung nicht unfairer Weise den Kleinunternehmen, Bildungseinrichtungen und den Blinden aufgebürdet wird. Die Festlegung der Höhe der Abgabe muss einer Form von öffentlicher Kontrolle unterliegen und nicht wie heute von einer Eidgenössischen Schiedskommission abschliessend bestimmt werden, deren Chefin dann im nächsten Jahr Geschäftsführerin einer Verwertungsgesellschaft wird.

Denkbar wäre etwa die Zusammenlegung der Kulturflatrate mit der Abgabe für Radio und Fernsehen, die ja neu mit den Steuern pro Haushalt eingezogen werden soll. Dadurch würden keine zusätzlichen Administrationskosten entstehen. Allerdings wäre dabei auf den Unfug zu verzichten, auch juristische Personen für abgabepflichtig zu erklären, deren Mitarbeiter ja schon alle ihre Abgabe einzeln bezahlt haben. Als Zahlstelle könnte dann zum Beispiel das IGE, das BAK oder das BAKOM fungieren, welche als öffentlich-rechtliche Einrichtungen einer sehr viel klareren politischen Kontrolle unterstehen als die Verwertungsgesellschaften heute.

Höhe der Abgabe

Die angemessene Höhe einer Kulturflatrate kann nicht gefühlsmässig bestimmt werden, indem man Jugendliche fragt, wieviel sie pro Monat zu geben bereit wären, wie das regelmässig in Diskussionen um eine Kulturflatrate geschieht. Solange das Urheberrecht und die Urheber selber darauf bestehen, für den Konsum bezahlt zu werden, statt wie sonst die arbeitende Bevölkerung für die Produktion – also für ihre Arbeit – , gibt es nur ein vernünftiges Mass, um die Höhe der Abgabe festzulegen: Die Höhe der durch freien Konsum und freie Privatkopie entgangenen Profite der Rechteinhaber. Das war interessanterweise sogar die gemeinsame Position aller Verwertungsgesellschaften an der IGE-Tagung 2011, als man darüber diskutierte, dass die Grösse des Speicherplatzes, die Anzahl Kopien, die Anzahl Streamings immer weniger als sinnvolles Mass für die Abgabenhöhe gelten kann. Denn ein einzelnes Smartphone hat bald schon eine Speicherkapazität für so viel Musik, wie man sie auch in tausend Jahren nicht anhören kann.

Man könnte die Höhe der entgangenen Profite auch noch gegenrechnen mit der Höhe der dank Straffreiheit des Konsums und Privatkopie gesteigerten Profite.

Verteilung der Zahlungspflichten

Heute sind die Zahlungspflichten sehr ungleich verteilt. Den grössten Teil bezahlt die arbeitende Bevölkerung pro Arbeitsplatz (Fotokopie, Leergut, Geräteabgabe, Netzwerkabgabe, …). Einen kleineren Teil bezahlen die Konsumenten (DVD-Rohlinge, Mobiltelefone, Weiterleitungsgebühren auf Kabelanschlüssen, obwohl beim Weiterleiten eigentlich kein neuer Konsumakt anfällt …). Ausserdem werden einige für Bildung und Wissenschaft wichtige Institutionen wie Schulen und Bibliotheken besonders stark belastet. Schliesslich sind dann einige seltsame Tarif-Einzelopfer zu verzeichnen, wie die jugendlichen Mobiltelefonkäufer und die Blinden.

Fairer wäre wohl ein einheitlicher Tarif pro Haushalt analog der Abgabe für Fernsehen und Radio. Dafür müssten die zusätzlichen Belastungen für Bildungseinrichtungen und der Behinderten völlig entfallen. Allenfalls könnte man einen Tarif pro transferiertem Bit ansetzen, was aber auch zu eher ungewollten Verzerrungen führt, die nichts mit Kultur zu tun haben.

Ein Problem einer allgemeinen „flachen“ Abgabe besteht darin, dass man damit alle dazu zwingt, jegliche Kultur zu unterstützen. So müssen Juden antisemitische Bücher, Menschen muslimischen Glaubens islamfeindliche Sendungen, Kleinunternehmer den Rocksong finanzieren, der ihre Vernichtung propagiert. Der Ruf nach „Ausgewogenheit“ der Kultur wird – wie beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen – nicht auf sich warten lassen. Am Ende wird die mit der Flatrate geförderte Kultur noch flacher.

Verteilung der Abgaben auf die Rechteinhaber

Schliesslich stellt sich das Problem der Verteilung. Heute gehen mehr als die Hälfte der Mitglieder der Verwertungsgesellschaften leer aus. Über 90 Prozent der Abgaben gehen an die ganz grossen, mehrheitlich im Ausland domizilierten Rechteinhaber für uralte Werke (Elvis Presley, Beatles, …), statt die heute neu entstehende Kultur zu fördern.

Die Verwertungsgesellschaften haben einen absolut undurchsichtigen Wust von tausenden von Formeln in ihren Verteilungsreglementen festgelegt, der sich auch einem formelerfahrenen Mathematiker nicht erschliesst. Diese Undurchschaubarkeit dürfte wohl Methode haben. Mit Hilfe solcher Reglemente kann man freche Einzelurheber zum Schweigen bringen. Die Buchhaltung stimmt ohnehin über mehrere Jahre nicht so genau. Nicht einmal die auf dem Web publizierten Summen in der Offenlegung der groben Buchhaltungszahlen durch die Verwertungsgesellschaften sind korrekt und weichen über Jahrzehnte beträchtlich ab von den in den Jahresberichten publizierten Zahlen. Nicht einmal bei Anhaltspunkten zu Unstimmigkeiten in der Buchhaltung kann sich die Aufsichtsbehörde gegen die private Funktion der Gesellschaften durchsetzen! Es wird also alles getan, um die intransparente Verteilung unter den paar grossen Brüdern zu ermöglichen. Am Ende wird auf Einschaltquoten, auf manipulierte Bestsellerlisten und auf die vom IFPI (Organisation der Plattenproduzenten) beeinflusste Hitparade referenziert. Als Basis dient also heute die fragwürdige Idee, dass die Verteilung der Pauschalabgaben proportional zur Auflagenhöhe, zur Popularität, sein müsse.
Die allerhöchste Anzahl Menschen erreicht natürlich Muzak, die unerwünschte Hintergrundmusik im Hauptbahnhof, in Aufzügen, in den Warenhäusern, im öffentlichen Raum beim Public Viewing, …

Diese Musik, die niemand stört – oder ausser mich niemanden zu stören scheint! –, ist also das Mass aller Dinge, wenn es darum geht, bei der Verteilung von Pauschalabgaben die Kassen klingeln zu lassen. Die mit der Flatrate finanzierte Kultur wird so immer flacher.

Wie man die Verflachung verhindern könnte

Wenn man nicht die Auflagenhöhe als Massstab für die Verteilung der Abgaben einer Kulturflatrate zugrundelegen will, wird es schwierig. Wer soll als Künstler gelten? Muss man in Zukunft ein staatlich zertifiziertes Mitglied der Kreativindustrie sein, um Ansprüche auf Beiträge aus der Kulturflatrate anmelden zu können? Oder kann sich einfach jeder Arbeitslose, jeder Rentner oder sonst jeder Unbeschäftigte, als beitragsberechtigter Künstler melden? Solche Horrorszenarien bewegen Organisationen von Urhebern wie den Verein Musikschaffende Schweiz dazu, sich laut und radikal gegen eine Kulturflatrate auszusprechen. Dafür nehmen sie lieber eine Kriminalisierung des Konsums und ihrer Fans in Kauf, damit sie mit Google eine Art Ablasshandel eingehen können, wobei sie für blosse „Nutzung“ bezahlt werden, auch wenn niemand ihre Musik anhört.

Es gäbe aber eine interessante Möglichkeit, eine Kulturflatrate für die allgemeine Bevölkerung akzeptabler zu machen: Jeder Beitragszahler wählt pro Jahr mit seiner Abgabe die Werke, die in den letzten zwei (fünf?) Jahren neu entstanden sind, die von seiner Abgabe bezahlt werden sollen. Damit würde die mehrfache Verflachung der Kultur durch eine Flachrate gestoppt: Die Kultur müsste nicht mehr ausgewogen sein, weil nun nicht mehr jeder alles unterstützen muss. Die Hintergrundmusik würde mit ihrer Flachheit nicht sämtliche anderen Werke verdrängen. Die Sonderbehandlung der Kultur im Gesetz würde dadurch gerechtfertigt, dass die Subvention tatsächlich dem Schaffen neuer kultureller Inhalte zugute kommt, und nicht den Töchtern von Loriot, der Witwe von Dürrenmatt, den Enkeln von Brecht oder den Urenkelinnen von Valentin.

Eine solche demokratisch legitimierbare Komponente in der Kulturförderung würde der Schweiz gut anstehen. Setzen wir uns also für eine Kulturflatrate mit Wahlmöglichkeit ein!

Nachgefragt beim IGE: Piraterie Sponsoring (Kampagne Musikschaffende) – Strafbarkeit unklar

Der Verein Musikschaffende Schweiz hat eine neue Kampagne mit dem Titel “Piraterie Sponsoring” gestartet und unterstellt darin Schweizer Firmen, Piraterie zu unterstützen. Der Verein Musikschaffende nutzt dabei auf Twitter (und Facebook) ein Zitat aus einem Interview von LeCourier, um zu behaupten das es sich gemäss Aussage eines IGE-Mitarbeiter um eine “mögliche(r) Beihilfe zu einer Straftat” handelt. Die Digitale Allmend hat beim IGE nachgefragt, da das Zitat unklar ist. Die Antwort ist:

Ob in einem konkreten Einzelfall eine Gehilfenschaft zur Urheberrechtsverletzung vorliegt, kann nur der zuständige Richter entscheiden. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob das Schalten eines Werbebanners auf Internetseiten eine Gehilfenschaft darstellt, halte es aber für denkbar.

Konkret ist es also überhaupt nicht klar, ob eine Straftat besteht oder nicht. Die Interpretation des Vereins Musikschaffenden steht auf sehr wackligen Füssen. Ein präziserer und sachlicheren Umgang wäre zu wünschen, um beim Thema vorwärts zu kommen.

Die Originalanfragen und Antwort ist unten eingefügt. Eine persönliche Kritik vom Präsidenten der Digitalen Allmend findet sich auf seinem Blog. Dort wird auch der Kontext solcher Werbung erklärt.

Originalanfrage

Sehr geehrter Herr Meyer,

in einer Twittermeldung [1] lesen wir, dass Sie das Plazieren von Werbung neben Links auf Musikstücke als mögliche Beihilfe zu einer Straftat werten. Diese Behauptung wurde vom Verein Musikschaffende Schweiz im Rahmen einer neuen Kampagne [2] in die Welt gesetzt.
Offenbar bezieht sich die Twittermeldung auf ein Zitat aus Le Courier [3], dessen Bedeutung im Kontext des Artikels sich nicht allen Lesern unserer Mailingliste gleichermassen erschlossen hat. Es schien uns aber, als ob die plakative Zusammenfassung durch Musikschaffende Schweiz Ihre Stellungnahme nicht ganz korrekt wiedergibt.

Die Mitglieder des Vereins Digitale Allmend sind der Meinung, dass der rabiate Ton von Musikschaffende Schweiz nicht unwidersprochen allein in der Öffentlichkeit stehen bleiben darf. Darum würden wir die Tatsache und das Zitat gerne in einem Blog thematisieren.
Wir bitten Sie daher höflich, uns mitzuteilen, inwieweit die Twittermeldung mit Ihrer Stellungnahme übereinstimmt und wo sie davon abweicht.

Zusätzlich bitten wir um klärende Antworten auf folgende Fragen:
Ist es ein Straftatbestand, wenn man ein Werbebanner auf einer Website publiziert, die ein Link auf ein Musikstück enthält, das eventuell illegalerweise hochgeladen wurde?
Ist es ein Straftatbestand, ein Link auf ein Musikstück auf einer Website zu publizieren, das von seinem Urheber Favez selber auf YouTube hochgeladen wurde?
Ist es ein Straftatbestand, dass Favez sein eigenes Musikstück auf YouTube hochgeladen hat, obwohl er Miglied der SUISA ist?
Ist es ein Straftatbestand, wenn jemand eine MP3-Datei aus einem vom Urheber selbst auf YouTube geladenen Musikvideo ableitet und diese auf dem Web publiziert?

Wir würden Ihre klärenden Worte und Ihre Antworten auf unsere Fragen gerne wörtlich, unverändert, als Ihre Stellungnahme auf unserem Blog veröffentlichen.

Mit freundlichen Grüssen
Hartwig Thomas

[1] https://twitter.com/Musikschaffende/status/246645133355913216
[2] http://www.handelszeitung.ch/politik/raubkopien-verein-musikschaffende-schiesst-scharf
http://www.andreasvongunten.com/blog/2012/9/13/kommentar-zur-neuen-musikschaffendench-kampagne-gegen-schwei.html
[3] http://www.lecourrier.ch/101671/les_acteurs_de_la_musique_suisse_voient_rouge

Orginalantwort

Sehr geehrter Herr Thomas

Ob in einem konkreten Einzelfall eine Gehilfenschaft zur Urheberrechtsverletzung vorliegt, kann nur der zuständige Richter entscheiden. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob das Schalten eines Werbebanners auf Internetseiten eine Gehilfenschaft darstellt, halte es aber für denkbar.

Das Online-Recht kann meines Wissens des Suisa abgetreten sein, muss aber nicht. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob das Hochladen im Einzelfall eine Urheberrechtsverletzung darstellt.

Der Umstand, dass ein Urheber ein Werk auf dem Internet zur Verfügung stellt, bedeutet nicht zwingend, dass es zur Weiterverbreitung frei gegeben wurde. Die Weiterverbreitung kann eine Urheberrechtsverletzung darstellen.

Freundliche Grüsse
Emanuel Meyer

Emanuel Meyer
Leiter Rechtsdienst Urheberrecht und verwandte Schutzrechte
Abteilung Recht & Internationales

 

Geistiges Eigentum, immaterielle Güter oder Information – nur ein Streit um Worte?

Das Vorhaben von Peter Heinrich in der NZZ vom 18.09.2012, den Streit um den Begriff “geistiges Eigentum” zu beenden, ist lobenswert.

Sein Vorschlag, in Zukunft nur noch wertneutral von “Information” zu reden, weckt aber Bedenken vor einer unkontrollierten Ausdehnung der Ansprüche der Rechteinhaber, die heute schon eine hohe Abgabe von vielen Menschen mit der totalen Gewalt des Staates – also mittels Gewaltdrohung mit Knarre und Knast – abpressen, die niemals ein Interesse daran gezeigt haben, ihre Werke zur Kenntnis zu nehmen. Es ist nebenbei interessant, wieviel Staatsgewalt von angeblichen Gewaltgegnern gegen Minderheiten ausgeübt wird, nur um ihr Portemonnaie ein bisschen besser zu polstern.

So wünscht etwa der Verein der Musikschaffenden Schweiz, dass Google, Swisscom und Sunrise für die Werbeklicks neben Links zu einem Musikstück eines ihrer Mitglieder einen hohen Preis bezahlen, das vor ein paar Jahren vom Urheber selber auf YouTube geladen wurde und offenbar beim Publikum auf wenig Interesse gestossen ist. (http://www.andreasvongunten.com/blog/2012/9/13/kommentar-zur-neuen-musikschaffendench-kampagne-gegen-schwei.html)

Wie sehr würde sich diese Lobby freuen, wenn in Zukunft nicht nur einzelne Werke, sondern gleich alle Information kostenpflichtig gemacht würde. Heinrich stellt richtig fest, dass Information/Entropie neben Energie/Materie zu den sehr fundamentalen Grössen der Physik gehört. Gerade dies macht aber den Begriff Information ungeeignet für die Debatte um das Urheberrecht. Denn dieses soll sich gerade explizit nicht auf Information über Tatsachen sondern auf die Gestaltung beziehen. Wenn wir diesen Standpunkt aufgeben, verurteilen wir Journalismus und Wissenschaft dazu, sich vom Verein der Musikschaffenden Schweiz und der anderen weltweit agierenden Lobbies der grossen Labels, Studios und Verlage einen Maulkorb anbinden zu lassen oder Schutzgelder zu bezahlen. Ausserdem ist jedes Messinstrument ein Informationsproduzent, sodass die Lobbyisten der Unterhaltungsindustrie nicht nur Anspruch auf Abgaben für Messungen von Laut (Mikrophon) und Licht (Kamera), sondern vom Bürger auch für jedes Thermometer und jede Uhr eine Geräteabgabe verlangen würden.

So gut gemeint der Versuch ist, eine nicht mit politischen Agenden aufgeladene Terminologie zu verwenden, so kommt man in der aktuellen Diskussion nicht um solche herum. Der Begriff “geistiges Eigentum” wurde geprägt, damit man diese Subvention den Liberalen schmackhaft machen kann und in den Genuss des grossen Schirms des in der Verfassung geschützten Privateigentums kommt. Nur bei der Buchhaltung, der Vermögens- und der Erbschaftssteuer, enthüllt sich dieses Eigentum plötzlich als Nullwert, während es beim Lobbyieren und beim Kriminalisieren von Lehrlingen und Schülern immer einen Millionenwert pro Song darstellt. Der Begriff “Immaterialgut” reduziert die kulturellen Güter auf ihren Warenwert und ihre Regelung auf eine Regulierung des Handels mit diesen Gütern.
Die vielen Autoren der Wikipedia haben neu die öffentlich frei verfügbaren Inhalte neben das geistige Privateigentum gestellt, mit der Folge, dass der Verein Musikschaffende Schweiz heute jeden grosszügigen Autor solcher freier Werke abzockt, wenn dessen Konsumenten leere Disketten oder Geräte kaufen. Ausserdem bedienen sich diese Privateigentümer des Geistigen immer wieder gerne der Werke, die der Öffentlichkeit gehören oder von ihr mit Steuergeldern ermöglicht wurden, ohne dieser Öffentlichkeit die Finanzierung solcher Werke abzugelten. Streiten wir also lieber weiter um Worte und noch lieber um die dahinterstehenden Werte!

 

Correction by LeMatin of their article about Switzerland as pirate haven

On June 29, Le Matin published an article by Alexandre Haederli, “La Suisse accusée d’être un havre pour les pirates about the USTR (United States Trade Representative) 301 Report, where he not only omitted to mention that Switzerland isn’t mentioned in the USTR watch lists, but also attributed to the USTR communique accompanying the report a comparison between Spain and Switzerland where Switzerland was presented unfavorably. Digitale Allmend asked where this communique made this comparison, because it is not in the original USTR communique. The journalist recognized that the comparison was not in fact in the USTR communique, but in a press release by RIAA (Recording Industry Association America) about the report. The RIAA is an american organisation representing the record industry. They do not represent a government and there statement should not be taken as without specific interest for there own benefits

Unfortunately not an uncommon mistake in the heated debate on copyright. In particular due to the increased lobby efforts in recent months of the music industry and its lobbyst, who like to claim that Switzerland is seen abroad as a pirates’ lair. See e.g. Ms Géraldine Savary’s declaration in “Les musiciens suisses manifestent leur mécontentement face au téléchargement illégal” (RTS.ch 19:30 news bulletin, March 8, 2012) or Markus Naef’s interview in the NZZ, “Inakzeptable Laissez-Faire-Haltung des Bundesrates – Pirateninsel Schweiz im Fokus der Rechteinhaber.”

Journalists however should stick to the facts and have to ask critical question about the many poorly funded claims or inprecise statements of those actors.

On July 15, Le Matin accordingly published a “rectificatif” in its paper edition. However, the online version of Mr Haederli’s article remains unchanged. As the “rectificatif” is not online, we publish it here:

“La Suisse est accusée d’être un havre pour les pirates” (“Le Matin Dimanche” du 1er juillet 2012), nous expliquions que la gestion du droit d’auteur en Suisse était mise en opposition avec la situation prévalant en Espagne. Ce communiqué de presse a été publié par la RIAA (Recording Industry Association of America) et non par l’USTR (United States Trade Representative) comme indiqué par erreur. Nos excuses. LMD”

(Update- Antwort versprochen) Noch keine Antwort auf Fragen: Musikschaffende verweisen auf bisherige Interviews

Update: Es wurde uns nun zugesichert, dass wir eine Antwort erhalten werden. Diese werden wir sobald wir sie erhalten veröffentlichen.

Update 2 (19.7.2012): Da Ferienzeit ist dauert es noch ein Weile bis die Antwort kommt.

Wir haben die Musikschaffenden gebeten einige Fragen zu ihrem gemeinsamen Statement zu beantworten. Nach einer Nachfrage haben wir nun folgende Antwort von den Musikschaffenden erhalten. Da einige unserer Fragen im Interview nicht
genügend beantwortet wurden, haben wir die Musikschaffenden gebeten
uns weiterhin eine ausführliche Antwort zu geben.

Update 3 (22.1.2013): Posting anonymisiert
Wir wurden am Januar 2013 gebeten, das Posting zu anonymisieren und den Namen der antwortenden Person zu entfernen, denn diese sei “nur für die Administration zuständig”. Wir haben dem Wunsch entsprochen und auch den Originaltext der Antwort entfernt.  Die damalige Aussage war, dass wir die Verspätung aufgrund der intensiven Pressearbeit verstehen sollten. Zudem wurden wir auf ein Interview im TagesAnzeiger vom 1. Juni 2012 verwiesen und auf auf die Webseite des Vereins. Unsere Fragen wurden bisher noch nicht beantwortet. Wir sind jedoch mit Vertretern der Musikschaffenden im Gespräch und bemühen uns weiterhin, Antworten auf unsere Fragen zu finden.

Nachgefragt: Gemeinsame Stellungsnahme Musikschaffende

Der Verein Musikschaffende Schweiz setzt sich für die anliegenden von Schweizer Musikschaffenden ein. In einem gemeinsamen offiziellem Statement haben sie ihre Forderungen formuliert. Da nicht alles klar ist und um die Forderungen besser zu verstehen, hat die Digitale Allmend per e-mail den Musikschaffenden einige Fragen gestellt:


Auf Ihrer Webseite und in den Medien wurde über Ihr gemeinsames Statement berichtet (http://musikschaffende.ch/statement). Im Namen der Digitalen Allmend (http://blog.allmend.ch) möchten wir Ihnen folgende Fragen stellen und bitten Sie um eine baldige Antwort:

– Was sind die Parallelen zwischen den Vorkommnissen in Guantanamo und der Schweiz? Wie kommen Sie zu diesem Vergleich? Weshalb soll die Schweiz eine “rechtsfreie Zone” im Bereich Urheberrecht sein? Nach unserem aktuellen Wissen werden keine Personen in der Schweiz aufgrund des Urheberrechts willkürlich festgehalten, jahrelang schikaniert und in ihren fundamentalen Menschenrechten gravierend verletzt. Zudem ist die Gerichtsbarkeit im Bereich Urheberrecht geregelt und demokratisch legitimiert (und unterliegt keiner Militär- oder Sondergerichtsbarkeit).

– Können Sie im Detail begründen, weshalb ihnen rechtliche Werkzeuge zum Vorgehen gegen Anbieter und Verbreiter von “illegalem Content” fehlen?  Was *genau* ist illegaler Content (darunter versteht man gewöhnlich Kinderpornographie, Aufrufe zum Rassenhass etc.)? Das ist nicht klar.

– Was für Vergütungsmodelle stellen Sie sich bei Youtube und Streaming-Dienstleistungen vor? Wer soll das Geld einkassieren, wer verhandeln und wie soll es verteilt werden (Künstler direkt, Verwertungsgesellschaften, kommerzielle Unternehmen)? Was soll dabei den Ausschlag geben, der Umsatz oder der Gewinn? Wer oder was hindert Sie daran, Geschäftsmodelle zu entwickeln und die verfügbaren neuen Möglichkeiten zur Monetarisierung von Inhalten zu nutzen?

– Wie kommt es, dass Sie eine Kulturflatrate ablehnen, jedoch jegliche kollektiven Verwertungsmethoden weiterhin fordern (siehe Leerträgervergütung), und wenn wir es richtig verstehen sogar eine Erweiterung fordern (Cloudspeicher, Internetanschluss)?

– Wie begründen Sie eine Ein-Forderung von Abgaben für Nutzungsformen, die beim Erwerb explizit als Bestandteil verkauft werden? Beispielsweise verkauft Apple oder Amazon Musik und verspricht deren Nutzung über die Cloud und von allen Geräten, inklusive iPhone. Daher können Käufer davon ausgehen, dass diese Nutzungsformen bereits bezahlt wurden.

– Wie begründen Sie im Detail, weshalb die Provider sie fairerweise am Gewinn beteiligen sollen? Wie soll genau eine Gewinnbeteilung an den Providern aussehen? Ein Anteil am erwirtschafteten Gewinn oder unabhängig vom Gewinn basierend auf der Anzahl Anschlüsse? Wie würde das Geld an wen verteilt?

– Beziehen Sie sich bei der geforderten Gewinnbeteiligung auf die Unterhaltungsangebote oder nur auf den allgemeinen Internetanschluss? Beziehen Sie sich auf den fixen Anschluss (z.B. DSL oder Koaxial) oder auch auf das mobile Internet (3G, UMTS)?

– Können Sie im Detail darlegen, wie Provider Sie bei der Wahrung Ihrer Rechte unterstützen sollen? Wie sollen die Provider Vorgehen? Sollen diese neue und rechtsstaatlich bedenkliche Funktionen als Hilfspolizisten bei der Strafverfolgung übernehmen? Gemäss dem bewährten Prinzip der Gewaltenteilung, welche Rolle sollen dabei Richter und das Gesetz spielen? Wie können — gemäss Ihren Vorstellungen und neuen “Haftungen” — die Grundrechte der Nutzenden dabei gewährleistet werden?

– Wünschen Sie auch eine Liberalisierung der Verwertungsgesellschaften, wie sie in der EU von deren Kommission vorangetrieben wird? Oder wollen Sie nur in ausgewählten Bereichen eine Anpassung an die EU? Gegebenenfalls in welchen Bereichen und in welchen nicht?

Wir freuen uns auf Ihre baldige Antwort und werden diese gerne in unserem Blog veröffentlichen.

Mit freundlichen Grüssen

Die Antworten werden wir im Blog veröffentlichen.

Cory Doctorow – The Politics of Copyright and the New Cultural Economy (Video + Podcast)

Der Science Fiction Autor und politische Aktivist Cory Doctorow war am 6. Dezember im Walcheturm und sprach über die Politik des Urheberrechts und seine Erfahrungen mit der freien Kultur.

Cory Doctorow ist einer der profiliertesten Kenner beider Materien, er arbeitete unter anderem als Europäischer Repräsentant der Electronic Frontier Foundation (EFF) und hat über 7 Romane publiziert, zuletzt “Makers” und “For the Win”. Die neueste Veröffentlichung ist die Aufsatzsammlung “Context: Selected Essays on Productivity, Creativity,Parenting, and Politics in the 21st Century”.
Auf Deutsch erschienen ist u.a. “Little Brother”.

Cory Doctorow ist auch ein brillanter Redner. Es war also nicht nur für einen interessanten sondern auch unterhaltsamen Abend gesorgt.

Die Veranstaltung wurde von der Digitalen Allmend, in Zusammenarbeit mit der Vertiefung Mediale Künste (ZHdK), Dock18, Walcheturm und Wikimedia Schweiz organisiert. KulturTV, Roger Levy, hat die Veranstaltung mit seiner Kamera begleitet.

Podcast: Der Vortrag steht auch als Podcast (nur Audio, ohne Bild) zur Verfügung bei KulturTV