Nachgefragt beim IGE: Piraterie Sponsoring (Kampagne Musikschaffende) – Strafbarkeit unklar

Der Verein Musikschaffende Schweiz hat eine neue Kampagne mit dem Titel “Piraterie Sponsoring” gestartet und unterstellt darin Schweizer Firmen, Piraterie zu unterstützen. Der Verein Musikschaffende nutzt dabei auf Twitter (und Facebook) ein Zitat aus einem Interview von LeCourier, um zu behaupten das es sich gemäss Aussage eines IGE-Mitarbeiter um eine “mögliche(r) Beihilfe zu einer Straftat” handelt. Die Digitale Allmend hat beim IGE nachgefragt, da das Zitat unklar ist. Die Antwort ist:

Ob in einem konkreten Einzelfall eine Gehilfenschaft zur Urheberrechtsverletzung vorliegt, kann nur der zuständige Richter entscheiden. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob das Schalten eines Werbebanners auf Internetseiten eine Gehilfenschaft darstellt, halte es aber für denkbar.

Konkret ist es also überhaupt nicht klar, ob eine Straftat besteht oder nicht. Die Interpretation des Vereins Musikschaffenden steht auf sehr wackligen Füssen. Ein präziserer und sachlicheren Umgang wäre zu wünschen, um beim Thema vorwärts zu kommen.

Die Originalanfragen und Antwort ist unten eingefügt. Eine persönliche Kritik vom Präsidenten der Digitalen Allmend findet sich auf seinem Blog. Dort wird auch der Kontext solcher Werbung erklärt.

Originalanfrage

Sehr geehrter Herr Meyer,

in einer Twittermeldung [1] lesen wir, dass Sie das Plazieren von Werbung neben Links auf Musikstücke als mögliche Beihilfe zu einer Straftat werten. Diese Behauptung wurde vom Verein Musikschaffende Schweiz im Rahmen einer neuen Kampagne [2] in die Welt gesetzt.
Offenbar bezieht sich die Twittermeldung auf ein Zitat aus Le Courier [3], dessen Bedeutung im Kontext des Artikels sich nicht allen Lesern unserer Mailingliste gleichermassen erschlossen hat. Es schien uns aber, als ob die plakative Zusammenfassung durch Musikschaffende Schweiz Ihre Stellungnahme nicht ganz korrekt wiedergibt.

Die Mitglieder des Vereins Digitale Allmend sind der Meinung, dass der rabiate Ton von Musikschaffende Schweiz nicht unwidersprochen allein in der Öffentlichkeit stehen bleiben darf. Darum würden wir die Tatsache und das Zitat gerne in einem Blog thematisieren.
Wir bitten Sie daher höflich, uns mitzuteilen, inwieweit die Twittermeldung mit Ihrer Stellungnahme übereinstimmt und wo sie davon abweicht.

Zusätzlich bitten wir um klärende Antworten auf folgende Fragen:
Ist es ein Straftatbestand, wenn man ein Werbebanner auf einer Website publiziert, die ein Link auf ein Musikstück enthält, das eventuell illegalerweise hochgeladen wurde?
Ist es ein Straftatbestand, ein Link auf ein Musikstück auf einer Website zu publizieren, das von seinem Urheber Favez selber auf YouTube hochgeladen wurde?
Ist es ein Straftatbestand, dass Favez sein eigenes Musikstück auf YouTube hochgeladen hat, obwohl er Miglied der SUISA ist?
Ist es ein Straftatbestand, wenn jemand eine MP3-Datei aus einem vom Urheber selbst auf YouTube geladenen Musikvideo ableitet und diese auf dem Web publiziert?

Wir würden Ihre klärenden Worte und Ihre Antworten auf unsere Fragen gerne wörtlich, unverändert, als Ihre Stellungnahme auf unserem Blog veröffentlichen.

Mit freundlichen Grüssen
Hartwig Thomas

[1] https://twitter.com/Musikschaffende/status/246645133355913216
[2] http://www.handelszeitung.ch/politik/raubkopien-verein-musikschaffende-schiesst-scharf
http://www.andreasvongunten.com/blog/2012/9/13/kommentar-zur-neuen-musikschaffendench-kampagne-gegen-schwei.html
[3] http://www.lecourrier.ch/101671/les_acteurs_de_la_musique_suisse_voient_rouge

Orginalantwort

Sehr geehrter Herr Thomas

Ob in einem konkreten Einzelfall eine Gehilfenschaft zur Urheberrechtsverletzung vorliegt, kann nur der zuständige Richter entscheiden. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob das Schalten eines Werbebanners auf Internetseiten eine Gehilfenschaft darstellt, halte es aber für denkbar.

Das Online-Recht kann meines Wissens des Suisa abgetreten sein, muss aber nicht. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob das Hochladen im Einzelfall eine Urheberrechtsverletzung darstellt.

Der Umstand, dass ein Urheber ein Werk auf dem Internet zur Verfügung stellt, bedeutet nicht zwingend, dass es zur Weiterverbreitung frei gegeben wurde. Die Weiterverbreitung kann eine Urheberrechtsverletzung darstellen.

Freundliche Grüsse
Emanuel Meyer

Emanuel Meyer
Leiter Rechtsdienst Urheberrecht und verwandte Schutzrechte
Abteilung Recht & Internationales

 

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