Kulturministerium zu Kunstfreiheit – Fragezeichen

Die Digitale Allmend wurde an eine Retraite des Kulturministers Heinrich Gartentor eingeladen. Das Kulturministerium lud zum Thema “Kunstfreiheit – Fragezeichen” ein. Während zwei Tagen diskutierten Personen verschiedener Organisationen über die Reform des Urheberrechts, Verwertungsgesellschaften, Digitalisierung, Creative Commons, DRM etc. Die Diskussionen waren sehr angeregt und es wurde auf die gegenseitigen Anliegen durchaus eingegangen. Wir von der Digitalen Allmend wurden dabei unter anderem über Creative Commons befragt. Es scheint mir wichtig, dass weiters gemeinsame Diskussionen geführt werden und wir deutlich auf unsere Anliegen aufmerksam machen.

Kultpavillon war auch dabei und hat das ganze gefilmt. Interessant sind insbesondere die kurzen Interviews mit den einzelnen Teilnehmenden. Man wurde aufgefordert in wenigen Worten kurz Antwort zu Fragen rund um das Thema der Retraite zu antworten.

Digitalk Podcast: Urheberrecht im digitalen Zeitalter

Die Digitale Allmend war eingeladen für den Digitalk Podcast des Tages Anzeiger. Thema war: “Episode 07: Urheberrecht im digitalen Zeitalter”. Eingeladen waren Adriano Viganò, Audiovision Schweiz und Daniel Boos, Digitale Allmend. Moderiert wurde die Sendung von Roger Zedi und Matthias Schüssler.

Wir redeten neben dem Hauptthema Urheberrechtsrevision und DRM auch über:

Microsoft und Novell kooperieren und Steve Ballmer kritisiert Linux, die neue Nintendo Wii-Konsole, Phishing-Schutzmechanismen nützen nichts; TV-Station CBS setzt auf Youtube

Den Podcast gibt es als MP3 oder AAC.

Digitalk Podcast ist ein wöchentlicher Podcast des Tages Anzeigers zu Web, Computer und Kommunikation. Mit Gästen aus der Schweizer Informatikszene.

Mo 27.11.2006 – Digitale Alternativen – Urheberrecht digital?

Der Verein The Alternative führt am Montag 27.11.2007 eine Veranstaltung zum Thema Urheberrecht durch:

Urheberrecht digital? – Fragen über die Zukunft!
(Wie) muss das Urheberrecht an das Digitale Zeitalter angepasst werden?

Nach kurzer Einführung stellen Vertreter verschiedener Interessensgruppen ihre Meinung zur Revision des Urheberrechts vor. Hierbei wird unter anderen Herausforderungen der zunehmenden Digitalisierung auch “Digitales Rechte Management” (DRM) thematisiert. Anschliessend werden unter Einbezug des Publikums verschiedene Fragen diskutiert.

27.11.06, 18:30 Uhr, bQm (Polyterrasse, ETH Zürich, Leonhardstrasse 34)

Der Veranstaltungshinweis findet sich hier.

OSS Roadmap – Termine eintragen

ch/open publiziert halbjährlich ein Poster mit allen Veranstaltungen zum Thema Freie/Open Source Software:

Die meisten Exemplare der ersten Auflage des OSS Roadmap-Posters sind verteilt, nun ist die Produktion des nächsten in Vorbereitung. Damit wir wieder möglichst vollständig alle in der Schweiz und im nahen Ausland stattfindenden Anlässe rund um Freie und Open Source Software (FOSS) auf einem Plakat veröffentlichen können, bitten wir Sie, Ihre Termine im
ersten Halbjahr 2007 bis am ***30. November 2006*** in die OSS Roadmap
einzutragen.

“Orphan”-Works Regelung im Entwurf zur Revision

Im vorhergehenden Beitrag haben wir noch nicht ganz deutlich einen Abschnitt der Pressemitteilung hervorgehoben.

Es geht dabei um Änderungen in der Vorlage. Neu gibt es scheinbar etwas zu “verwaisten Werken”. Die Textstelle findet sich unten. Interessant wäre der genaue Wortlaut zu haben. Leider ist der aber nicht öffentlich verfügbar. Zumindest scheinen die Verwertungsgesellschaften bei einer solchen Regelung im Zentrum zu stehen.

Zudem beantragt die Kommission, dass eine Bestimmung über die Nutzung verwaister Werke neu in das Urheberrechtsgesetz aufgenommen wird. Diese Bestimmung sieht vor, dass das Recht zur Nutzung von Ton- oder Tonbildträgern nur über die zugelassenen Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden kann, sofern die Verwertung öffentlich zugängliche Archive oder Archive von Sendeunternehmen betrifft, die Rechtsinhaber unbekannt sind und die Ton- bzw. Tonbildträger vor mindestens zehn Jahren in der Schweiz produziert oder hergestellt worden sind. Eine Minderheit beantragt zudem, das Gesetz so zu ergänzen, dass die Benutzerin bzw. der Benutzer eines Werks pro Verwendung nur eine Entschädigung bezahlen muss. Die Vorlage wird dem Ständerat in Hinsicht auf die Wintersession 2006 unterbreitet.

Openlaw veröffentlicht zweiten Draft der Schweizer CC Lizenzen

Openlaw hat vor einigen Tagen den zweiten Draft der Übersetzung der Creative Commons Lizenzen in CH Recht veröffentlicht:

Der nun vorliegende zweite Entwurf ist die Übersetzung zur Version 2.5, der derzeit aktuellen Version der Creative Commons Lizenzen.

Die heutige Mitteilung eröffnet eine kurze, abschliessende Diskussion zu dieser Übersetzung. Rückmeldungen via Mailingliste oder als Blogkommentar sind willkommen.

Der ganze Beitrag kann auf der Mailingliste gelesen werden.

Revision des Urheberrechts wird konkreter

Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates hat die Vorlage zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes und zur Genehmigung von zwei Abkommen der Weltorganisation für geistiges Eigentum einstimmig angenommen. Gestern setzte die Komission die Detailberatung fort, welche bereits am 17. und 18. Oktober begonnen hat (siehe Artikel). Die Vorlage wird dem Ständerat nun in Hinsicht auf die Wintersession 2006 unterbreitet.

Die Kommission hat einstimmig eine Vorlage zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes und zur Genehmigung von zwei Abkommen (WCT und WPPT) der Weltorganisation für geistiges Eigentum angenommen. Ziel der Vorlage ist es, das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte an die digitalen Technologien anzupassen und die Schutzstandards der beiden Abkommen ins Landesrecht zu übertragen. Die Vorlage sieht u.a. die Anerkennung des Rechts vor, geschützte Werke über das Internet zugänglich zu machen, sowie ein Verbot, technische Massnahmen wie Kopiersperren zu umgehen. Darüber hinaus ergänzt sie das geltende Recht mit Bestimmungen über vorübergehende Vervielfältigungen eines Werks und über Vervielfältigungen zu Sendezwecken. Zudem wird mit den neuen urheberrechtlichen Einschränkungen den aktuellen Bedürfnissen der Werknutzenden und der Konsumentinnen und Konsumenten Rechnung getragen. Die Kommission ist mit den Vorschlägen des Bundesrates weitgehend einverstanden.

Medienmitteilung vom 14. November 2006

Die Verwertungsgesellschaft und wir. Ein Nachtrag zum Thema Suisa

Es ist zehn Uhr morgens, wir sitzen im angenehm abgedunkelten Sitzungszimmer im Untergeschoss der Suisa, uns gegenüber am Tisch aus edlem, schweren Holz haben zwei freundliche Vertreter der schweizerischen Gesellschaft fürs Inkasso künstlerischer, manchmal durch Zweite umgesetzter, potentiell von Dritten genutzer Inhalte, Platz genommen.

Man ist unserem Anliegen wohlgesonnen, hat Verständnis für die schwierige Arbeit eines Kleinstverlages für experimentelle, elektronische Musik. Schliesslich seien wir ja auch Mitglieder bei erwähnter Gesellschaft – Nichtmitglieder würde man gar nicht anhören, sondern die entsprechenden Gebühren einfordern. Unser Musiklabel domizil existiert nun seit zehn Jahren und ein längst überfälliger Schritt hat uns veranlasst, mit der Wahrnehmerin unserer Rechte in Kontakt zu treten, weil wir künftig ebendiese Wahrnehmung etwas einschränken möchten, indem wir neben der kommerziellen Verwertung von beispielsweise Auftragsmusikprojekten unsere eigene Musik und die unserer Mitkünstler gratis ins Internet stellen und solche Publikationen künftig mit Creative Commons-Lizenzen versehen wollen, weil diese uns als der zeitgenössischere und adaptivere Schutz für einige unserer Arbeiten erscheinen.

Vorgängig bewusstseinserweiternd wirkten die Halbjahres- Zweieinhalbjahres- und dann nicht mehr eintreffenden Abrechungen unserer Vertriebe – die Verkaufszahlen unserer Platten und CDs – welche uns eigentlich schon von Beginn weg ahnen liessen, dass keine vergoldete Zukunft bevorstand. Zuerst erklärten wir uns diesen Umstand so, dass die ja schon sehr viel länger existierende, experimentelle elektronische Musik – vom Piepen des Theremins hin zum Dröhnen des Postindustrial – eine Weile lang vom Phänomen Techno profitiert hätten und sich nun im selben Wellental der Populärkultur befänden wie die Vierviertelmusik, an deren Rand oder in deren Abkühl (Chillout)-Räumen sich unser Tun für ein paar adoleszente Jahre manifestierte. Andererseits hatten wir uns ja gerade für eine wirklich schwierige, schwer verort- wie konsumierbare Form künstlerischen Schaffens entschieden. Eine akustische Arbeit, welche sich sehr bewusst in Schnittmengen, auf Grenzlinien von künstlerischen Medien und Genres bewegt. Sozusagen hatte unser Kleinverlag also von Beginn weg ein, äh, Wahrnehmungsproblem.

Fatal wirkte natürlich, dass sich das Distributionsformat unserer Musik, die Compact Disc, aus den spezialisierten Wahrnehmungszirkeln schon zu verabschieden begann, als wir so richtig loslegen wollten – trotz verbleibender Haptikfetisch-Szene grassiert das Lädeli- und Vertriebssterben seit einigen Jahren, nicht erst seit gestern. Domizil war zum Zeitpunkt seiner Gründung ein Akt der Selbsthilfe – einerseits gab es in der Schweiz kaum Produkions- wie Rezeptionsstruktur für unsere Art von Musik, andererseits fragte niemand danach, ob aus der Schweiz allenfalls interessante Beiträge zum aktuellen, internationalen Musikgeschehen kommen könnten. Unser Label war also von Beginn weg eher Produktions- und Promotionsinstrument denn Geldmaschine.

Weil Geld, so lasse ich an diesem Morgen bei der Suisa über feinmaseriges Gehölz hinweg verlauten, Geld verdient der heutige und gestrige und überhaupt die Mehrheit der Musiker, wenn sie denn nicht gerade Schweizer Exportfrodos, Pirates of the Schlafvorstädte oder Feinbäcker einer Internationalen von Mütterherzen sind (oder in lokaler Ausprägung bedenklichen Heimatkonstrukten mittels gesanglichen Darbietungen in ihrem Lokaldialekt entsprechen möchten), hauptsächlich durch so konkrete Tätigkeiten wie Konzerte geben, Gebrauchsmusik für Filme oder das Theater herzustellen, oder durch Arbeit in berufungsfremden Gebieten der Wertschöpfung.

Es sei zwar schön und sicherlich recht, meine mühsam hervorgebrachten Weltanzweiflungen vor Verstümmelung durch Dritte geschützt zu wissen, aber doch nicht vor der Konsumtion durch ebendiese, weil sie doch der eigentliche Sinn und Zweck der Übung sei, und diese müsse doch mit allen erdenklichen Mitteln gefördert werden, also schwillt mein Redefluss weiter an. Soweit so gut, meinen die zwei Angestellten der Suisa – nur eben eigentlich gäbe es keine Ausnahme vom Inkasso, also dem Verlangen eines Entgelts für die Nutzung meiner Arbeit – ob ich dieses nun möchte oder nicht, weil wir hätten als Suisa-Mitglieder diesen Vertrag bei ihrer Gesellschaft unterschrieben und nun die nichtkommerziellen und kommerziellen Vewendungsformen unserer Arbeit auseinander dröseln zu müssen, liege ausserhalb des möglichen Verwaltungsaufwands. So widerspreche auch eine Creative Commons-Lizenz ganz grundsätzlich dem Inhalt der Verträge der Suisa. Aber man sei bereit, allfällige Formen einer Ausnahme auf Vorgesetztenebene zu diskutieren, da gäbe sich sicherlich eine Lösung in unserem Sinne, natürlich ohne etwas zu versprechen, wohlverstanden. Hier die darauffolgende E-Mail- Korrespondenz mit der Suisa:

ich bin unsicher, ob sie mir eine allfällige antwort der suisa auf unsere anfragen/unser treffen schon zugestellt haben; mein mail-account scheint probleme zu haben. wenn ja: schicken sie mir doch ihre nachricht nochmals auf maeder@domizil.ch, ansonsten entschuldigen sie bitte meine ungelduld – vielen dank!

herzlich
marcus maeder

Vielen Dank für Ihr Mail. Wir haben bisher noch nicht geantwortet. Zwischenzeitlich konnten wir Ihr Anliegen diskutieren.

Die SUISA ist zum Schluss gekommen, dass wir bezüglich der Musiknutzung auf
www.domizil.ch nicht auf die Anwendung der rechtsgültigen Tarife verzichten können. Wir müssten bei allen Downloads, welche in der Schweiz gratis angeboten werden, auf eine Entschädigung verzichten. Dies wollen und können wir aus diversen Gründen nicht machen.

Wir schlagen vierteljährliche Akontozahlungen von Fr. 150.00 und eine Schlussabrechnung der effektiv erfolgten Downloads per Ende Jahr vor. Dazu brauchen wir die Anzahl Downloads pro Werk, damit wir nach dem Inkasso die entsprechende Verteilung vornehmen können.

Bitte informieren Sie uns ab wann Sie Downloads gratis anbieten werden.

Es tut uns leid, dass wir Ihren Wünschen nicht entsprechen können und bitten Sie um Verständnis.

Für weitere Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen
SUISA

besten dank für ihre nachricht; ich kann ihnen unsere enttäuschung schwer verhehlen. sie teilen uns mit, dass das von uns geplante vorhaben nach Ihrer auffassung gebührenpflichtig ist. sie erwähnen diverse gründe dafür. ich wäre ihnen dankbar, wenn sie uns diese gründe genauer erläutern könnten.

es kann nicht sein, dass wir gegen aussen hin die arbeiten kostenlos zum download anbieten und hinter den kulissen dafür bezahlen müssen. bitte berücksichtigen sie hier, dass die meisten auf domizil erscheinenden arbeiten unsere eigenen sind, dass es sich um einen kleinen kreis von hörern handelt, die sich mit passwort in einen praktisch privaten bereich einloggen müssen, um die kunstwerke (welche nur teilweise aus musik bestehen) herunterzuladen.

sie verunmöglichen mit ihrer haltung das fortbestehen und die entwicklung eines künstlerischen netzwerks, welches nun schon seit zehn jahren ehrenamtlich und mit erheblichem aufwand an eigenmitteln betrieben wird. es gibt eine vielzahl von ähnlichen projekten im internet, auch in der schweiz, welche als community-plattform genau gleich funktionieren – wollen sie nun da auch überall die tarife einfordern oder sind nur wir jetzt einfach in ihrem fokus, weil wir uns ehrlich gemeldet haben? wir als künstler müssen doch selber entscheiden können, welche arbeiten wir kommerziell verwertet haben wollen, und welche wir kostenlos zur verfügung stellen möchten.

wir müssen die bei von uns betreuten, sehr schwierigen werke auf möglichst einfache weise einem breiteren publikum zugänglich machen – wenn die hörer nun die von ihnen verlangten 10 rappen mit einem verrechnungszuschlag von 60 rappen (kreditkarte/paypal) bezahlen
müssen, ist das doch absurd – niemand wird das tun und wir haben keine neuen hörer gewonnen.

wir hoffen auf verständnis von ihrer seite und wären sehr froh, einen anderen lösungsvorschlag oder eine genauere begründung zu erhalten. wir können ihrem verrechnungsvorschlag aus existentiellen und idealistischen gründen unmöglich nachkommen.

freundliche grüsse
marcus maeder
bernd schurer
domizil

Vielen Dank für Ihr mail.

Das kostenlose Anbieten Ihrer eigenen Werke auf Ihrer Domain wäre allenfalls noch lösbar. Bezüglich Werken von Autoren, welche bei ausländischen Verwertungsgesellschaften Mitglied sind, sehen wir aufgrund der Verträge zwischen der SUISA und ausländischen Gesellschaften keine Möglichkeit, ein Inkasso zu umgehen.

Da wir zur Gleichbehandlung verpflichtet sind, müssen wir entscheiden, ob wir für Gratisdownloads eine Entschädigung bezüglich der Nutzung des musikalischen Urheberrechts verlangen sollen. Oder ob Gratisdownloads, unbesehen davon wer diese anbietet, generell frei sein sollen.

Wir gehen davon aus, dass der überwiegende Teil unserer Mitglieder wünscht, dass für Downloads, welche gratis angeboten werden, eine Mindestentschädigung geschuldet ist.

Der Mitglieder-Vertrag der SUISA sieht nicht vor einzelne Werke von der Verwertung auszunehmen. Dies ist auch bei den Verträgen von anderen Verwertungsgesellschaften der Fall.

Dies sind einige der Gründe, weshalb wir Ihrem Wunsch nicht entsprechen
können.

Für weitere Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen
SUISA

Solche Korrespondenz lässt mich über den Umstand grübeln, dass jede Veröffentlichung, jegliches Hinstellen einer künstlerischen Arbeit ganz generell immer vom Kommerz und seinen Distributionsformaten oder Konsumtionsformen durchdrungen ist, also egal ob CD oder File, nie im ökonomisch wertfreien Raum übermittelt wird. Und vor allem: Ob wir denn mit domizil und den Verträgen, die wir mit der Suisa abschlossen haben, nicht allzu sehr dem Idealismus einer „demokratischeren“, weniger elitären Kunstdistributions- und Wertschöpfungsform der Gattung „technisch reproduzierbares Kunstwerk“ (den Begriff prägte Walter Benjamin bereits 1936) aufgesessen sind, also unsere Äusserungen viel flüchtiger hätten vornehmen und verbreiten müssen, sozusagen eigentlich in den Wind schreiben, musizieren hätten müssen – um das Werk mit grossem W (Markus Popp von Oval sagte dazu Musik mit grossem M) ein für allemal hinter uns zu lassen, weil dieser Apfel immer durch kapitalistische, materialistische Implikationen vergiftet ist.

Von solchen Spekulationen nehme ich den Ausnahmefall „Wenn-es-richtig-einschenkt“ natürlich aus. Leider kommt aber „Wenn-es-richtig-einschenkt“ sehr sehr selten vor, in meinem Fall letztmals anlässlich der Landesausstellung 2002, als ich für den Landwirtschaftsteil Motorengeräusche von Landwirtschaftsfahrzeugen, Sounds von Trendsportarten und etwas Musik herstellen durfte und das dann für ein Jahr lief. Da wars natürlich toll, Mitglied der Suisa zu sein, da hatte der Verein plötzlich ein grosses S, da war auf der Abrechung Ende Jahr endlich mal mehr als Franken 4.20 Leerträgervergütung drauf. Darum muss es meiner Meinung nach möglich sein, die Werke mit grossem W (wie künstlerischer Wille) von denen mit kleinem w und ihrem eher rhizomatischen Gefüge (da ziele ich jetzt nicht auf so etwas wie eine digitale Folklore ab) zu unterscheiden – also kommerzielle Produktionen, die sich in ihrem Werkcharakter an einem Markt, den (noch) nicht wir definieren, orientieren, von Beiträgen zur aktuellen künstlerischen Diskussion, zu Speisungen der Netzwerke, zum Markt der Ideen und Reflektion zu unterscheiden. Solche Bereiche scheinen mir im Gesichtsfeld der Verwertungsgesellschaften ein komplett blinder Fleck zu sein. Nachvollziehbarerweise, denn so wie Urheberrecht, Businessplan der Industrie und Praxis der Verwertungsgesellschaften im Moment korrelieren und solches mit der Revision des Urheberrechts auch noch für die Zukunft zementiert wird, wäre eine zu formulierende Vision einer zukünftigen Kulturökonomie im Gesetzestext auch eine viel zu schlecht zu kalkulierende Einheit.

Musikrat Tagung: IFPI , Logistep, Vermassung

Ein Bericht zur Tagung Musik – grenzenlos, kostenlos, schutzlos? wurde auf der Musikrat Webseite veröffentlicht.

Die Rolle von Logistep müsste man eigentlich einmal genauer beleuchten. Ihr Überwachungssystem und Massenabmahnungen haben schon zu klagen der deutschen Generalstaatsanwaltschaft geführt. Der Tatsache, dass “in der Schweiz stehen der Umsetzung vorderhand noch juristische Hindernisse entgegen” stehen, würde ich dementsprechend eher als positiv sehen und nicht wie Logistep. An der Tagung sollte zudem auch ein jugendlicher “Straftäter” vorgeführt werden.

Patrick Linder, Geschäftsführer des Schweizer Musikrates SMR erklärte, weshalb der vorgesehene Programmpunkt „Erlebnisse eines Internetpiraten“ gestrichen werden müsse. Wohl habe sich ein jugendlicher „Straftäter“ finden lassen, doch nach anfänglicher Zusage habe dieser sich wieder zurückgezogen. Zu sehr klängen bei ihm die Nachwirkungen der strafrechtlichen Verfolgung (inkl. Hausdurchsuchung) noch nach.

Nach unseren Quellen stimmt dies jedoch so nur bedingt. Dies wurde zwar gesagt, aber es wurde noch eine Zusatzinfo gegeben, welche nicht mehr im Bericht ist. Der jugendliche “Straftäter”, der vielleicht deshalb in Anführungszeichen steht, weil er nicht oder noch nicht rechtsmässig verurteilt wurde, stellte sich plötzlich die Frage, woher sie den seinen Namen wüssten. Er sagte dann ab und drohte zu klagen, wenn irgendwo sein Namen erscheint.

Wir sind übrigens immer noch auf der Suche nach einer rechtsgültigen Verurteilung vor einen schweizerischen Gericht. Sendet uns doch bitte Hinweise an info(at)allmend.ch

Das letzte Statement bringt scheinbar auf den Punkt, was noch andere während der Tagung beklagt haben.

Das letzte Wort hatte Daniel Fueter, Präsident von Suisseculture . Er wies darauf hin, dass die Demokratisierung der Musikkultur auch negative Resultate hervorgebracht habe: Hektik, Banalisierung, Beliebigkeit und Vermassung. Gleichzeitig fühle sich das Individuum von der Entwicklung bestätig nach dem Motto: „Ich bin mein eigenes Endgerät“. Ein letztes Mal forderte er ein starkes, griffiges URG und postulierte den Vorrang der Kreativität vor der Verwertung.

Den ersten Satz sehe ich nicht gleich. Kommt natürlich darauf an, was man unter Demokratisierung versteht. Demokratisierung soll zudem nicht mit “Vermassung” verwechselt werden, wie auch von anderen scheinbar an dieser Tagung beklagt wurde. Beispielsweise ist Musik von Netlabels gut und es ist durchaus zu befürworten, wenn mehr und mehr Personen Musik produzieren. Falls damit jedoch Musikstar oder andere Formate gemeint sind, dann würde ich zu bedenken geben, dass dies eigentlich nichts mit Demokratisierung der Musik zu tun haben. Die Forderung nach dem Vorrang der Kreativität vor der Verwertung ist zwar gut, nur entspricht sich nicht der Realität der aktuellen Urheberrechtsrevision mit den technischen Schutzmassnahmen, die vor allem den Verwerter zu Gute kommt.

Update: PJ Wassermann hat sein Referat an der Tagung zum Thema “Kreativität, Urheberrecht und die Musikindustrie” in seinem Blog veröffentlicht.
Der Artikel zeigt auf:

Dabei habe ich im Kern vor allem darauf hingewiesen, dass es untragbar ist, dass genau die Musikindustrie, die so viele Künstler betrogen und über den Tisch gezogen hat, sich nun als Wahrer der der Urheberrechte aufspielt – die Industrie hat ein so schlechtes Image, dass das Publikum sich im Recht fühlt, wenn es gratis Musik herunterlädt.