Bericht zur IGE Tagung “Zukunft des Urheberrechts”

Hartwig Thomas hat einen ausführlichen und persönlichen Bericht zur Tagung des Instituts für Geistiges Eigentum zur Zukunft des Urheberrechts geschrieben. Ein Ausschnitt aus der Zusammenfassung zur Einstimmung:

Die vom Schweizer Forum für Kommunikationsrecht1 und vom Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum am 2. März 2010 durchgeführte Fachtagung mit dem Titel „Zukunft des Urheberrechts – Interessenausgleich oder Paradigmenwechsel“ brachte einige neue, bisher ungewohnte, Töne in die schweizerische Urheberrechtsdiskussion.
Der zentrale neue Ton dürfte das offenkundige Bemühen aller Beteiligten gewesen sein, sich gegenseitig nicht (mehr) mit hoher Emotionalität der moralischen Verwerflichkeit zu beschimpfen, sondern einzuräumen, dass man über die heutige und zukünftige Regelung des Urheberrechts in guten Treuen verschiedene Meinungen haben kann, ohne deswegen gleich ein schlechter Mensch zu sein.
Ein neuer Aspekt, der auch mithalf, den konfrontativen Ton zu vermeiden, war wohl die Tatsache, dass sich diesmal auch echte Urheber und Vermittler von Werken äussern durften, wäh- rend die sonst immer anwaltschaftlich für diese Interessengruppen auftretenden Verwertungs- gesellschaften für einmal nur im Publikum und nicht vorne Teil des Panels waren. Diese Mal bestand das Panel nicht mehrheitlich aus Juristen.

Der ganze Bericht ist als PDF unter der CC-BY-NC-ND Lizenz verfügbar

ACTA – Bericht vom Treffen in der Schweiz vom 12.Januar

Denis war am ACTA Meeting in Bern. Das Institut für geistiges Eigentum hat dazu eingeladen und darüber berichtet.

Heute war ich an der ACTA-Informationsveranstaltung beim Eidgenössischen Institut für geistiges Eigentum (IGE). Dabei haben die fünf Verhandlungsverantwortlichen vom IGE, von der SECO und der Oberzolldirektion sowie Felix Addor (Vizedirektor) und Emanuel Meyer (Rechtsdienst Urheberrecht) die im Voraus gestellten Fragen der Anwesenden Gäste beantwortet.

Sein ganzer Bericht.

Auch die Digitale Allmend war am Treffen dabei.

Ökonomie der Ideen

John Perry Barlow hat 1993 einen bemerkenswert klarsichtigen Blick auf die Problematik des geistigen Eigentums in einer digitalisierten Welt geworfen (1). Er legt grosses Gewicht auf die Einschätzung, dass bisher vor allem das physische Substrat geschützt worden sei. Das sei nun nicht mehr möglich.

Bereits diese These hat in der Lesgruppe „Wissensgesellschaft“ lebhafte Diskussionen hervorgerufen. Es wurde betont, dass die Ablösung der Information von der materiellen Basis mit der Digitalisierung weit fortgeschritten ist – die Entwicklung erfolgte aber eher evolutionär. Auch das Radio in den zwanziger oder die Bandkassetten in den sechziger Jahren stellen Stufen dieser Ablösung dar.

Kritisch hinterfragt wurde vor allem die These, dass die materielle Basis geschützt worden sei. Die Möglichkeit, etwa populäre Romane im 19. Jahrhundert neu zu setzen und zu produzieren, zeigt bereits ein gewisses Potential, das Werk von der materiellen Basis abzulösen. Darum zielten Copyright Konzeptionen auf das Werk, nicht auf das materielle Buch. Barlows These, „the bottle was protected, not the wine“ geht etwas weit.

Sein grosses Bild des technologischen Wandels trifft in weiten Teilen zu. Barlow nimmt auf die Diskussionen um die Informationsgesellschaft Bezug. Er sieht als Trend, dass sich die Weltwirtschaft immer mehr auf Gütern beruhen wird, die „keine materielle Form“ annehmen. So wird eine feste Verbindung zwischen Produzent und fairer Entschädigung hinfällig. Damit ist Barlow bei der zentralen Frage angelangt, wie Entschädigung in einer Cyber-Ökonomie aussehen könnte.

Barlow postuliert, dass freiwillige Zahlungen im Rahmen einer ethischen Haltung das zerfallende juristisch basierte System ablösen könnte. Zeitgenössisch diskutiert er anhand von Software die Bereitschaft vieler Menschen, ab einer gewissen Nutzungsintensität auch zu zahlen, wenn nur die Zahlungsmodalitäten unkompliziert wären.

Mit fünfzehn Jahren Distanz wirkt seine Lagebeurteilung erheblich frischer als seine Strategie. Es muss aber im Auge behalten werden, dass Barlow nicht ein politisches Strategiepapier verfassen wollte. Es ging vielmehr darum, im Kontext der weltweiten Freihandelsdebatten die Legitimität freier Zirkulation von Ideen und Kulturgüstern zu untermauern.

Dem mögen auch seine interessanten bis newAgeigen Bemerkungen zu Informtionen im Allgemeinen dienen. Spannend fanden wird die Betonung von Information als Beziehung. Sie verweist auf die Notwendigkeit Wissen und kulturelle Gegebenheiten immer wieder zu reproduzieren. Wie weit die Aussage „Information wants to be free“ zu mehr als zur griffigen Parole taugt, war Gegenstand lebhafter Diskussion: Ist Information ein handlungsfähiges Subjekt?

Urs

1) John Perry Barlow – The Economy of Ideas -Selling Wine Without Bottles on the Global Net
http://homes.eff.org/~barlow/EconomyOfIdeas.html

URV Vernehmlassung – CCCZH und Digitale Allmend

Nodus berichtet über die Stellungnahme vom CCC Zürich und der Digitalen Allmend zur Vernehmlassung der Urheberrechtsverordnung:

Anlässlich einer öffentlichen Anhörung (Vernehmlassung in der Schweizerischen Bundesverfassung) zur Verordnung zum Urheberrechtsgesetz haben sich der Chaos Computer Club Zürich (CCCZH) und die Interessensgemeinschaft Digitale Allmend (DA) in einem gemeinsamen Schreiben an das Institut für Geistiges Eigentum (IGE) gerichtet, um grundsätzliche Kritik am rechtlichen Schutz von Systemen für technische Schutzmassnahmen (DRMS) zu äussern und vereinzelt konkrete Lösungsvorschläge einzubringen.

Sie setzen dabei ihre Hoffnungen auf eine zivilgesellschaftlich getragene Beobachtungsstelle, die irrgelaufene DRMS effektiv bremsen kann und fordern ausserdem eine Klarstellung des Begriffs der missbräuchlichen Anwendung einer technischen Schutzmassnahme – es soll Klarheit darüber geschaffen werden, wann ein Missbrauch stattfindet. Der CCCZH und die DA fordern diesen Tatbestand als erfüllt anzusehen z.B. generell bei Datenschutzverletzungen, im Falle von KonsumentInnenschutzinteressen oder aber in Fällen, wo die Interoperabilität nicht mehr sichergestellt ist.

Das ganze Schreiben ist hier als PDF zu haben. Es wurde in der Form heute Nachmittag per E-Mail dem IGE zugestellt.

Vorlage (PDF) und Bericht (PDF) sind beim Bund zu greifen.

Referendum URG Revision gescheitert

No DMCA teilt mit, dass das Referendum zur Urheberrechtsrevion in der Schweiz gescheitert ist:

803 Unterschriften gesammelt, Referendum gescheitert
27. Jan. 2008

Ich möchte allen Beteiligten danken für ihre Mühe, und für das sammeln der Unterschriften. 803 Unterschriften mögen nicht genug sein für ein Referendum, aber es zeigt dass dies ein Thema ist wo einige Leute beschäftigt.

Vernehmlassung zur Beobachtungsstelle (Urheberrechtsverordnung)

Gerade wurde die Vernehmlassung zur Änderung der Urheberrechtsverordnung veröffentlicht. Zentrales Element ist dabei die neu geschaffene Beobachtungsstelle. Die Beobachtungsstelle klärt “Anhaltspunkte für eine
missbräuchliche Anwendung technischer Massnahmen vorliegen” ab.

Änderung der Verordnung über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte

Am 5. Oktober 2007 haben die Eidgenössischen Räte den Bundesbeschluss über die Genehmigung von zwei Abkommen der Weltorganisation für Geistiges Eigentum angenommen und weiteren Änderung des Urheberrechtsgesetzes zugestimmt (BBl 2007, 7201 und BBl 2007, 7149). Am 24. Januar 2008 wird die Referendumsfrist zu beiden Vorlagen ablaufen. Es ist geplant, das revidierte Urheberrechtsgesetz per 1. Juli 2008 in Kraft zu setzen. Die Inkraftsetzung des Bundesbeschlusses und des revidierten Urheberrechtsgesetzes erfordern eine Änderung der Urheberrechtsverordnung.
Frist: 31.01.2008

Bis am 31.1.2008 läuft die Vernehmlassung. Die Digitale Allmend plant auch zu antworten. Wir müssen aber zuerst die Änderungsvorschläge ansehen.

Die Detailinfos finden sich auf der Webseite des Bundes.

Referendum zur Revision?

Die Digitale Allmend hat das von no-dmca.ch angestrebte Referendum zur Urheberrechtsrevision diskutiert und zur Kenntnis genommen. Die Digitale Allmend äusserte sich während der Revision mehrfach kritisch gegenüber dem rechtlichen Schutz technischer Schutzmassnahmen und lehnt einen solchen Schutz weiterhin grundsätzlich ab. Die Digitale Allmend erachtet jedoch ein kurzfristiges Referendum zum jetzigen Zeitpunkt als ungeeignet und unterstützt den Referendumsaufruf von no-dmca daher nicht. Bei der Revision handelt es sich um einen
Kompromiss, bei dem zumindest teilweise auch unsere Anliegen aufgenommen wurden. Wir sind jedoch weiterhin der Meinung, dass eine weitergehende Umgehungserlaubnis und Einschränkungen von DRM in Zukunft notwendig sind.

Unser Augenmerk richtet sich im Moment auf die im Gesetz vorgesehenen Beobachtungsstelle. Die Digitale Allmend fordert daher, dass sich die Beobachtungsstelle mit den zu erwartenden negativen Auswirkungen technischer Schutzmassnahmen (DRM) auf die Schranken des Urheberrechts kritisch auseinandersetzt und zivilgesellschaftliche Gruppen dabei aktiv einbezogen und beteiligt werden.

Referendum gegen Revision des Urheberrechts

Boingboing, Slashdot und Symlink haben über die Urheberrechtsrevision in der Schweiz berichtet. Der Artikel von BoingBoing enthält einige Missverständnisse.

Die Artikel haben jedoch mindestens zwei neue Aktionen ausgelöst:

No Swiss DMCA.ch
Referendum gegen die Urheberrechtsgesetzes Änderung vom 5. Oktober 2007

Contre l’ Arrêté Fédéral sur la Propriété Intellectuelle
Facebook Gruppe aus der Westschweiz zum Thema Referendum.

Für das Referendum werden bis am 24.Januar 50’000 Unterschriften von Stimmberechtigten Bürgerinnen und Bürger benötigt.

Update: Heise berichtet darüber.

Zwischenstop bei “kunstfreiheit.ch”

Die Initative Kunstfreiheit legt einen Zwischenstop ein und zieht folgendes Fazit:

Wir haben ein ansehnliches Medienecho ausgelöst und mit vielen Akteuren auf diesem Gebiet direkte Gespräche geführt und dabei ist es uns gelungen, eine neue Position im Diskurs zu etablieren: Die Verschärfung des Urheberrechts ist nicht automatisch im Interesse der aktiven Urheber. Das mag vielleicht zunächst nach nicht so viel tönen, ist aber dennoch mittelfristig wichtig, weil die Verwertungsindustrie ja immer behauptet, im Interesse der Künstler zu sprechen.

Kunstfreiheit ist eine Initiative Schweizer KünstlerInnen und Kulturschaffender. Die Initative Kunstfreiheit hat mehrere offene Briefe im Rahmen der Revision des Urheberrechtes in der Schweiz veröffentlicht.

Anpassungen zum Urheberrecht parlamentarisch unter Dach

Zum Schluss der Herbstsession und der Legislatur haben die eidgenössischen Räte heute die Schlussabstimmungen zur Teilrevision zur Anpassung des Urheberrechtsgesetzes durchgeführt und die bisherigen Abstimmungen definitiv abgesegnet. Die Gesetzesänderungen treten nun in Kraft, sofern innerhalb der Referendumsfrist von 100 Tagen keine Volksabstimmung gefordert wird. Dazu müssten 50’000 Unterschriften gesammelt werden.

Der Entwurf des Bundesgesetzes über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte wurde vom Nationalrat mit 191 zu 5 Stimmen angenommen. Dagegen gestimmt haben Adrian Amstutz (SVP), Alexander Baumann (SVP), Kurt Fluri (FDP), Jacques Pagan (SVP) und Pirmin Schwander (SVP).

Der Bundesbeschluss über die Genehmigung von zwei Abkommen der WIPO und über die Änderung des Urheberrechtsgesetzes wurde vom Nationalrat mit 194 zu 2 Stimmen angenommen. Dagegen waren nur Alexander Baumann (SVP) und Jacques Pagan (SVP).

Der Ständerat hat beide Entwürfe mit 43:0 Stimmen gutgeheissen.

Die offiziellen Dokumente und Wortprotokolle zu den zwei Vorlagen können über die Parlament-Website abgerufen werden.