Die Internet Community hat sich zur Vorbereitung der Urheberrechtsgespräche am Sa 24.4.10 am Tweakfest getroffen. Anbei ein Bericht der diskutierten Themen.
1. CC und SUISA
Die von der SUISA stipulierte Unvereinbarkeit von Creative Commons Lizenzierung mit SUISA Mitgliedschaft – wurde schon vor einem Jahr von Felix Stalder angesprochen – ist unserer Meinung nach inakzeptabel, da die SUISA eine gesetzlich garantierte Monopolstellung innehat und allen Künstlern
offenstehen muss.
2. Deklarationspflicht für Urheberrechtsabgaben auf Leerträgern (z.B.: DVDs), Geräten (z.B.: Mobiltelephone) und Verträgen (z.B.: Cablecom-Vertrag).
Auf den Produkten soll ausgewiesen werden, wieviel urheberrechtliche Pauschalgebühr enthalten ist. Das dient der Transparenz und der allseits gewünschten besseren Bekanntheit urheberrechtlicher Regelungen in der Öffentlichkeit.
3. ACTA
Bei ACTA – auch ein Thema, das schon von Felix vor einem Jahr angesprochen wurde – haben wir Bewegungen in Richtung Transparenz festgestellt. Wir würdigen die positive Rolle, die das IGE dabei gespielt hat. Ganz erledigt ist das Thema für uns allerdings noch nicht. Wir werden scharf beobachten, ob die Versprechungen – keine Verschärfung des bestehenden Urheberrechts – wirklich eingehalten werden, und allenfalls das IGE und die Bundespolitik auffordern, keinen Beitritt der Schweiz zu einem solchen Agreement anzustreben. Am besten wäre es aus unserer Sicht, wenn das Thema Urheberrecht an digitalen Objekten völlig aus der Themenliste von ACTA gestrichen würde, welches sich ja angeblich vor allem mit der Verhinderung des Handels mit gefälschten Markenprodukten beschäftigt.
4. Open Access für öffentlich geförderte kulturelle Werke
Auch dies ist ein Thema, das von Felix vor einem Jahr etwas allgemein angesprochen wurde. (Wir setzen auf Kontinuität!) Viele Künstler erhalten ihre Arbeit weitgehend aus Steuergeldern subventioniert oder arbeiten als Staatsangestellte mit einem rechten Lohn. In solchen Fällen ist es stossend, dass die Risiken von der Öffentlichkeit getragen werden, während die Profite während 140 Jahren durch staatlich sanktionierte Monopole als Privateigentum geschützt werden. (Das Schema “Risiken für die Öffentlichkeit, Profite für die Privaten” kennen wir von den Grossbanken …)
Wir wünschen, dass das Bundesamt für Kultur analog zum Nationalfonds jede erteilte Subvention mit der Auflage verbindet, dass das geförderte Werk der Allgemeinheit frei zugänglich gemacht wird. Eine einheitliche Regelung für alle Sparten ist nicht unbedingt anzustreben. Man kann sich vorstellen, dass ein teilweise geförderter Film erst nach 5 Jahren Auswertung (Festivals, Kino, Fernsehausstrahlung) in die Public Domain fällt. Wir bestehen aber auf dem Grundsatz, dass mit öffentlichen Geldern geförderte Kultur auch der Öffentlichkeit frei zugänglich sein muss.
5. Statistiken
Und natürlich dürfte auf den Werken, die in der Public Domain stehen, keine Pauschalgebühren erhoben werden: Da die Anzahl der unter CC-Lizenzen publizierten Werke auch in der Schweiz exponentiell wächst, müssten die Pauschalgebühren der Verwertungsgesellschaften eigentlich entsprechend nach unten angepasst werden. Dieses Anliegen wird behindert durch das Fehlen verlässlicher Statistiken. Ein solches Fehlen verlässlicher Statistiken behindert die ganze Urheberrechtsdebatte auf vielen Ebenen, da auf “beiden Seiten mit faustdicken Lügen operiert wird” (Felix Addor: “Future of Copyright” am 03.03.2010).
Im Namen der rationalen Debatte anstelle von Angstmacher- und Kriminalisierungs-Rhetorik wie wir sie aus der “Stop-Piracy Kampagne” kennen, fordern wir von allen Beteiligten, dass sie verlässliche Statistiken anstelle von wild erfundenen Zahlen präsentieren.
Die nie substanziierten Behauptung des IFPI, dass 95% des Musikkonsums über illegale Downloads erfolge, dürfte zu den faustdicken Lügen zählen. Downloads sind ja etwa in der Schweiz gemäss URG nie illegal und der Prozentsatz an wirklich illegal Kopiertem dürfte heute kaum höher sein als 1980 und somit unter 15% liegen.
Die Digitale Allmend ist gerne bereit, Ihren Beitrag zur Beschaffung verlässlicher Statistiken zu leisten. Dank der CC-Suche in Google ist es möglich, recht verlässliche Zahlen über die Anzahl von unter Schweizer CC-Lizenzen publizierten Sounds, Bildern und Websites zu bekommen. Google hat uns zugesagt, dass wir auch auf Zeitreihen zugreifen können.
Auch die Verwertungsgesellschaften verfügen über ausführliche Statistiken von Nutzungen, für welche sie Urheberrechtsgebühren einsammeln, und über Zahlungen, die sie an Künstler leisten.
Auf der Basis von ehrlichen Zahlen und Zeitreihen müssten dann in einem zweiten Schritt die Tarife der Verwertungsgesellschaften einmal einer ernsthaften Überprüfung unterzogen werden. Es geht nicht an, dass wenige kulturelle Superstars den Löwenanteil der eingezogenen Gebühren erhalten, welche mit totaler Gesetzesgewalt dem Umsatz von grosszügigen Kulturschaffenden abgepresst wurden, die ihre Werke in die Public Domain gegeben haben, und deren Werke deshalb viel häufiger genutzt werden, als die der Mitglieder der Verwertungsgesellschaften.
Die Teilnehmer des Treffens unterstützen diese fünf vorgebrachten Anliegen und trugen weitere Wünsche ans IGE und das Urheberrecht vor:
a) Gegen jede weitere Verschärfung des Urheberrechts angehen.
b) Monopolstellung der Verwertungsgesellschaften anzweifeln.
c) Verwertungstarife vom Preisüberwacher kontrollieren lassen.
a) Das Mandat, gegen jede weitere Verschärfung des Urheberrechts und seiner Anwendungen anzugehen, nehmen wir gerne mit an die Urheberrechtsgespräche.
b) Die Monopolstellung der Verwertungsgesellschaften ist im URG verankert. Ein vom IGE organisiertes Gespräch zum Urheberrecht scheint uns nicht der geeignete Ort, im grossen Stil Gesetzesänderungen zu diskutieren, da diese auch nicht in die Kompetenz der anwesenden Beamten fallen. Solche Forderungen müssen wir gut durchdacht auf der politischen Bühne zur Sprache bringen.
c) Auch die Überprüfung der Tarife durch den Preisüberwacher und die Rolle der Eidgenössischen Schiedskommission bei ihrer Festlegung scheint uns zum heutigen Zeitpunkt kein geeignetes Thema für das geplante Urheberrechtsgespräch. Das Anliegen ist aber berechtigt und verdient anderweitig aufgenommen zu werden.
Schliesslich sprachen die Anwesenden Mitglieder der Internet-Community ihren Vertretern Christian Laux und Hartwig Thomas ihr Vertrauen aus.