Ein paar Überlegungen zu einer Kulturflatrate für die Schweiz

Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat der Arbeitsgruppe AGUR12 den Auftrag erteilt, auch so etwas wie eine Kulturflatrate als Option in Erwägung zu ziehen, die den Rechteinhabern faire Entlöhnung und den Internetnutzern straffreien Konsum (Download) ermöglicht.

Die Idee einer Kulturflatrate stammt hauptsächlich aus Deutschland, wo Organisationen wie Attac oder die deutsche Piratenpartei sie seit mehreren Jahren und seit kurzem auch die Grünen propagieren. Dort zielt die Idee einer flächendeckenden pauschalen Abgabe vor allem darauf, den Abmahnwahnsinn zu beenden und die Benutzung des Internets zu entkriminalisieren.

In der Schweiz ist es selbst denjenigen Jugendlichen, die viel Musik herunterladen, kaum bekannt, dass hierzulande der Konsum (Download) kultureller Inhalte von Gesetzes wegen straffrei ist. So stark wirkt die Lügenpropaganda einer weltweiten Lobby! Der Upload von Werken, deren Rechte man nicht innehat, ist natürlich verboten. Teilnahme an einem P2P-Dienst wird sowohl als Download als auch als Upload eingestuft, und ist somit ebenfalls verboten. Wer legal Werke herunterlädt ist ausserdem in der Schweiz nicht verpflichtet, nachzuweisen, dass sie nicht auf illegalem Weg hinaufgeladen wurden. Mit dieser Regelung hat die Schweiz verhindert, dass man den Rechteinhabern den Zutritt zu jedem Provider, zu jedem Computer, zu jedem Mobiltelefon, zu jedem Schlafzimmer gewähren muss, damit sie gegen Verletzungen ihrer Rechte vorgehen können. Die Privatsphäre ist hier besser gegen die weltweit agierende Lobby von multinationalen Rechteinhabern geschützt. Als Gegenleistung für die durch den straffreien Konsum (Download) und die straffreie Privatkopie entgangenen Profite, bezahlen die Schweizer Bürger jedes Jahr hunderte von Millionen Franken Pauschalabgaben an die fünf hiesigen Verwertungsgesellschaften, welche diese an die Rechteinhaber verteilen. In einem gewissen Sinn haben wir also in der Schweiz schon eine Kulturflatrate in Form von 12 Gemeinsamen Tarifen der fünf Schweizer Verwertungsgesellschaften (SUISA, Swissperform, ProLitteris, SSA und Suissimage) für Abgaben auf Leergut (DVDs, …), Geräten (Mobiltelefonen, …), Arbeitsplätzen (Fotokopien, Netzwerkbenutzung, …), Schulen und Blindenbibliotheken.

Das Argument, dass mit der Einführung einer Kulturflatrate der Abmahnwahnsinn abgeschafft werden kann, verfängt also in der Schweiz nicht richtig, weil hier der Konsum kultureller Inhalte ohnehin schon straffrei ist. Der Verein Musikschaffende Schweiz und die SP Schweiz möchten diesen Zustand allerdings ändern. Die mächtige Lobby der internationalen Wissenschaftsverlage, der drei weltweit grössten Musiklabels und der Studios in Hollywood lässt sich ihre Agitation für die Kriminalisierung des Konsums Einiges kosten.

Wenn man dem Publikum in der Schweiz eine Kulturflatrate schmackhaft machen will, muss man zeigen, dass sie besser eingerichtet ist als unsere bisherigen Pauschalabgaben an die Verwertungsgesellschaften. Wir müssen also über eine mögliche Ausgestaltung einer Kulturflatrate diskutieren, welche uns weiterhin Straffreiheit des Kulturkonsums (Download) garantiert. Dabei geht es um

  • ihre Administration,
  • ihre Höhe,
  • die Verteilung der Zahlungspflichten und
  • die Verteilung der Beiträge an die Rechteinhaber.

Administration einer Kulturflatrate

Die Administration der Verwertungsgesellschaften hat seit der Urheberrechtsrevision 1992 immer wieder zu Klagen Anlass gegeben. Die ProLitteris schaffte es jahrelang, mehr als 50 Prozent administrative Kosten zu generieren. Die Geschäftsführer der Verwertungsgesellschaften erzielen Gehälter von 200’000 bis 400’000 Franken pro Jahr, was auch schon einmal Anlass zu einer parlamentarischen Anfrage nach staatlicher Kontrolle ihrer Löhne gab, zum Beispiel durch ihre Aufsichtsbehörde, das IGE (Institut für Geistiges Eigentum). In den Jahren 2010-2012 erzielte Dr. Ernst Hefti von der ProLitteris sogar eine private Einnahme von fast 700’000 Franken, weil ihm der Vorstand dieser Genossenschaft zusätzlich zu seinem regulären Gehalt von 366’000 Franken eine auf drei Jahre verteilte ausserordentliche Pensionskassenzahlung in der Höhe von einer Million Franken bewilligte. Sonst müsse der arme Mann nach seiner Pensionierung von nur 28% seines früheren Gehalts (also rund 90’000 Franken pro Jahr) leben! Die Verwertungsgesellschaften haben sich in dieser Hinsicht immer der Kontrolle durch die Administration entzogen, indem sie ihre Doppelrolle als private Genossenschaften in den Vordergrund schoben, welche im Auftrag ihrer Mitglieder die kollektive Verwertung betreiben und daher nur diesen gegenüber rechenschaftspflichtig über ihre Administrationskosten seien. Ihre Mitglieder sind einerseits viele kleine Urheber, die praktisch nie an der Genossenschafterversammlung erscheinen, und andererseits einige wenige Verwerter (internationale Verlage, Labels, Studios), die mehr als 90% aller zu verteilenden Gelder kassieren und natürlich grosszügig mit der Verwaltung der Genossenschaft umgehen.

Wenn also eine flächendeckende Pauschalabgabe unter dem Titel Kulturflatrate eingeführt wird, müsste sie solche Missstände beim heutigen Umgang mit Pauschalabgaben beseitigen. Einerseits müssten die Verwertungsgesellschaften ihres öffentlichen Auftrags, Pauschalabgaben von der ganzen Bevölkerung einzuziehen, gänzlich enthoben werden. Als private, gewerkschaftliche Vereinigungen von Rechteinhabern zum Zwecke der kollektiven Verwertung können sie dann weiter führen, was ihre Mitglieder tolerieren. Aber sie hätten keinen Zugriff mehr auf allgemeine Abgaben und müssten ihre Angriffe gegen das Internet einstellen. Die 12 Gemeinsamen Tarife wären durch eine einzige Kulturflatrate zu ersetzen, deren Höhe angemessen festzusetzen ist und deren Bezahlung nicht unfairer Weise den Kleinunternehmen, Bildungseinrichtungen und den Blinden aufgebürdet wird. Die Festlegung der Höhe der Abgabe muss einer Form von öffentlicher Kontrolle unterliegen und nicht wie heute von einer Eidgenössischen Schiedskommission abschliessend bestimmt werden, deren Chefin dann im nächsten Jahr Geschäftsführerin einer Verwertungsgesellschaft wird.

Denkbar wäre etwa die Zusammenlegung der Kulturflatrate mit der Abgabe für Radio und Fernsehen, die ja neu mit den Steuern pro Haushalt eingezogen werden soll. Dadurch würden keine zusätzlichen Administrationskosten entstehen. Allerdings wäre dabei auf den Unfug zu verzichten, auch juristische Personen für abgabepflichtig zu erklären, deren Mitarbeiter ja schon alle ihre Abgabe einzeln bezahlt haben. Als Zahlstelle könnte dann zum Beispiel das IGE, das BAK oder das BAKOM fungieren, welche als öffentlich-rechtliche Einrichtungen einer sehr viel klareren politischen Kontrolle unterstehen als die Verwertungsgesellschaften heute.

Höhe der Abgabe

Die angemessene Höhe einer Kulturflatrate kann nicht gefühlsmässig bestimmt werden, indem man Jugendliche fragt, wieviel sie pro Monat zu geben bereit wären, wie das regelmässig in Diskussionen um eine Kulturflatrate geschieht. Solange das Urheberrecht und die Urheber selber darauf bestehen, für den Konsum bezahlt zu werden, statt wie sonst die arbeitende Bevölkerung für die Produktion – also für ihre Arbeit – , gibt es nur ein vernünftiges Mass, um die Höhe der Abgabe festzulegen: Die Höhe der durch freien Konsum und freie Privatkopie entgangenen Profite der Rechteinhaber. Das war interessanterweise sogar die gemeinsame Position aller Verwertungsgesellschaften an der IGE-Tagung 2011, als man darüber diskutierte, dass die Grösse des Speicherplatzes, die Anzahl Kopien, die Anzahl Streamings immer weniger als sinnvolles Mass für die Abgabenhöhe gelten kann. Denn ein einzelnes Smartphone hat bald schon eine Speicherkapazität für so viel Musik, wie man sie auch in tausend Jahren nicht anhören kann.

Man könnte die Höhe der entgangenen Profite auch noch gegenrechnen mit der Höhe der dank Straffreiheit des Konsums und Privatkopie gesteigerten Profite.

Verteilung der Zahlungspflichten

Heute sind die Zahlungspflichten sehr ungleich verteilt. Den grössten Teil bezahlt die arbeitende Bevölkerung pro Arbeitsplatz (Fotokopie, Leergut, Geräteabgabe, Netzwerkabgabe, …). Einen kleineren Teil bezahlen die Konsumenten (DVD-Rohlinge, Mobiltelefone, Weiterleitungsgebühren auf Kabelanschlüssen, obwohl beim Weiterleiten eigentlich kein neuer Konsumakt anfällt …). Ausserdem werden einige für Bildung und Wissenschaft wichtige Institutionen wie Schulen und Bibliotheken besonders stark belastet. Schliesslich sind dann einige seltsame Tarif-Einzelopfer zu verzeichnen, wie die jugendlichen Mobiltelefonkäufer und die Blinden.

Fairer wäre wohl ein einheitlicher Tarif pro Haushalt analog der Abgabe für Fernsehen und Radio. Dafür müssten die zusätzlichen Belastungen für Bildungseinrichtungen und der Behinderten völlig entfallen. Allenfalls könnte man einen Tarif pro transferiertem Bit ansetzen, was aber auch zu eher ungewollten Verzerrungen führt, die nichts mit Kultur zu tun haben.

Ein Problem einer allgemeinen „flachen“ Abgabe besteht darin, dass man damit alle dazu zwingt, jegliche Kultur zu unterstützen. So müssen Juden antisemitische Bücher, Menschen muslimischen Glaubens islamfeindliche Sendungen, Kleinunternehmer den Rocksong finanzieren, der ihre Vernichtung propagiert. Der Ruf nach „Ausgewogenheit“ der Kultur wird – wie beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen – nicht auf sich warten lassen. Am Ende wird die mit der Flatrate geförderte Kultur noch flacher.

Verteilung der Abgaben auf die Rechteinhaber

Schliesslich stellt sich das Problem der Verteilung. Heute gehen mehr als die Hälfte der Mitglieder der Verwertungsgesellschaften leer aus. Über 90 Prozent der Abgaben gehen an die ganz grossen, mehrheitlich im Ausland domizilierten Rechteinhaber für uralte Werke (Elvis Presley, Beatles, …), statt die heute neu entstehende Kultur zu fördern.

Die Verwertungsgesellschaften haben einen absolut undurchsichtigen Wust von tausenden von Formeln in ihren Verteilungsreglementen festgelegt, der sich auch einem formelerfahrenen Mathematiker nicht erschliesst. Diese Undurchschaubarkeit dürfte wohl Methode haben. Mit Hilfe solcher Reglemente kann man freche Einzelurheber zum Schweigen bringen. Die Buchhaltung stimmt ohnehin über mehrere Jahre nicht so genau. Nicht einmal die auf dem Web publizierten Summen in der Offenlegung der groben Buchhaltungszahlen durch die Verwertungsgesellschaften sind korrekt und weichen über Jahrzehnte beträchtlich ab von den in den Jahresberichten publizierten Zahlen. Nicht einmal bei Anhaltspunkten zu Unstimmigkeiten in der Buchhaltung kann sich die Aufsichtsbehörde gegen die private Funktion der Gesellschaften durchsetzen! Es wird also alles getan, um die intransparente Verteilung unter den paar grossen Brüdern zu ermöglichen. Am Ende wird auf Einschaltquoten, auf manipulierte Bestsellerlisten und auf die vom IFPI (Organisation der Plattenproduzenten) beeinflusste Hitparade referenziert. Als Basis dient also heute die fragwürdige Idee, dass die Verteilung der Pauschalabgaben proportional zur Auflagenhöhe, zur Popularität, sein müsse.
Die allerhöchste Anzahl Menschen erreicht natürlich Muzak, die unerwünschte Hintergrundmusik im Hauptbahnhof, in Aufzügen, in den Warenhäusern, im öffentlichen Raum beim Public Viewing, …

Diese Musik, die niemand stört – oder ausser mich niemanden zu stören scheint! –, ist also das Mass aller Dinge, wenn es darum geht, bei der Verteilung von Pauschalabgaben die Kassen klingeln zu lassen. Die mit der Flatrate finanzierte Kultur wird so immer flacher.

Wie man die Verflachung verhindern könnte

Wenn man nicht die Auflagenhöhe als Massstab für die Verteilung der Abgaben einer Kulturflatrate zugrundelegen will, wird es schwierig. Wer soll als Künstler gelten? Muss man in Zukunft ein staatlich zertifiziertes Mitglied der Kreativindustrie sein, um Ansprüche auf Beiträge aus der Kulturflatrate anmelden zu können? Oder kann sich einfach jeder Arbeitslose, jeder Rentner oder sonst jeder Unbeschäftigte, als beitragsberechtigter Künstler melden? Solche Horrorszenarien bewegen Organisationen von Urhebern wie den Verein Musikschaffende Schweiz dazu, sich laut und radikal gegen eine Kulturflatrate auszusprechen. Dafür nehmen sie lieber eine Kriminalisierung des Konsums und ihrer Fans in Kauf, damit sie mit Google eine Art Ablasshandel eingehen können, wobei sie für blosse „Nutzung“ bezahlt werden, auch wenn niemand ihre Musik anhört.

Es gäbe aber eine interessante Möglichkeit, eine Kulturflatrate für die allgemeine Bevölkerung akzeptabler zu machen: Jeder Beitragszahler wählt pro Jahr mit seiner Abgabe die Werke, die in den letzten zwei (fünf?) Jahren neu entstanden sind, die von seiner Abgabe bezahlt werden sollen. Damit würde die mehrfache Verflachung der Kultur durch eine Flachrate gestoppt: Die Kultur müsste nicht mehr ausgewogen sein, weil nun nicht mehr jeder alles unterstützen muss. Die Hintergrundmusik würde mit ihrer Flachheit nicht sämtliche anderen Werke verdrängen. Die Sonderbehandlung der Kultur im Gesetz würde dadurch gerechtfertigt, dass die Subvention tatsächlich dem Schaffen neuer kultureller Inhalte zugute kommt, und nicht den Töchtern von Loriot, der Witwe von Dürrenmatt, den Enkeln von Brecht oder den Urenkelinnen von Valentin.

Eine solche demokratisch legitimierbare Komponente in der Kulturförderung würde der Schweiz gut anstehen. Setzen wir uns also für eine Kulturflatrate mit Wahlmöglichkeit ein!

Ars Electronica: A New Cultural Economy

«A New Cultural Economy – wenn Eigentum an seine Grenzen stösst» lautet dieses Jahr das Motto der Ars Electronica. Das «Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft» findet heuer vom 4. bis 9. September in Linz statt. Mit dabei ist auch Joi Ito, Vorstandsmitglied von Creative Commons.

Und so lautet der erste und letzte Satz aus dem Statement zur Ars Electronica 2008:

Das Zeitalter von Copyright und geistigem Eigentum ist abgelaufen

Denn egal, von welcher Seite man sich der Frage nähert – von den Netzpiraten über die Neuerfinder der Allmende zu den Pionieren einer Sharing Economy oder den Apologeten der Creative Industries – wenn Wissen und Content tatsächlich das neue Kapital der postindustriellen Gesellschaft sein sollen, dann muss es fließen, dann muss es zugänglich sein, für alle.

Ein offener Brief vom Internet zum Tag des Geistigen Eigentums

Vor zwei Tagen wurde einmal mehr der «Welttag des geistigen Eigentums» ausgerufen. Zu diese Anlass hat der Bundesverband Musikindustrie einen offenen Brief an Angela Merkel gerichtet, der in verschiedenen Zeitungen als ganzseitige Anzeige veröffentlicht wurde. Der Brief ist von einigen teilweise prominenten Künstlern unterzeichnet worden. In einem Videobeitrag hat die Bundeskanzlerin darauf reagiert und versprochen, in Zukunft noch restriktiver gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet vorgehen zu wollen. Grammatisch nicht ganz überzeugend, fordert sie in dieser Rede eine internationale Lösung im Kampf gegen die «Raubkopierer»:

Bestimmte Dinge können wir national alleine nicht lösen. Deshalb muessen wir dies im internationalen Rahmen machen, denn das Herunterladen von Computern ist eine Sache, die nationale Grenzen nicht schützen können.

Als Reaktion auf den offenen Brief der Musikindustrie hat nun gestern Pavel vom CCC einen offenen Brief vom Internet zum Tag des Geistigen Eigentums verfasst, von dem ich hier gerne den Anfang zitieren möchte. Den kompletten Brief gibt es als PDF von Pavel oder auf dem Blog von Tim Pritlove.

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

gestern war der Tag des des geistigen Eigentums, und sie haben einen Brief von einhundert selbstlosen Kulturschaffenden erhalten, die aufgrund der unmoralischen Nutzung des Internets in Sorge sind, dass der Nachwuchs demnächst für sein Geld dauerhaft hart zu arbeiten gezwungen sein könnte und niemand mehr mit einem einzigen Supererfolg für alle Zeiten ausgesorgt haben wird.

Kulturschaffende waren bereits im vorigen Jahrhundert durch das Aufkommen von Kompaktkassetten, Videorecordern, Photokopiergeräten und CD-Brennern vom Ruin bedroht. Als plötzlich jedermann Kopien und Mitschnitte von Rundfunksendungen anfertigen konnte und diese an seine ganzen Freunde verschenkte, hat das die Kultur zwar beflügelt, aber das konnte ja niemand wissen. Das darf sich nicht wiederholen. Diesmal muss der Fortschritt aufgehalten werden…

‘Digital piracy’ may benefit companies

Langsam scheint sich etwas ‘common sense’ in der Debatte um Piracy breit zu machen. Denn, wer hätte das gedacht, user die ein Produkt eh nie gekauft hätten, sondern es ‘illegal’ runter laden, richten keinen ökonomischen Schaden an, sondern sind potentiell sogar von Nutzen, wie jüngst Oxford Economist Karen Croxson an der Annual Conference of the Royal Economic Society verkündete.

Ms Croxson points out that piracy poses a threat to sales only when those who otherwise would buy become tempted instead to copy. In any market there are some who value the product but never would buy. Their piracy cannot harm the seller. Quite the opposite: because, like any consumer, a pirate will talk to others about product experiences, copying which does not displace sales can actually help business. Consumer `buzz’ is hugely important for sales success, studies have shown, and piracy drives up buzz without the need for extra marketing.

EDOEB – Datenschutzverletzungen bei der Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen

Eine wichtige und sehr interessante Nachricht ist gerade vom Eidgenösischen Datenschutz und Öffentlichkeitsbeauftragten veröffentlicht worden.

Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) stellt fest, dass die Datenbearbeitung einer Schweizer Firma im Rahmen der Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen in Peer-to-Peer-Netzwerken gegen die Grundsätze des Datenschutzgesetzes verstösst. Dabei stellt der EDÖB die Legitimität der strafrechtlichen Verfolgung von Urheberrechtsverletzern keineswegs in Abrede. Es geht vielmehr um die Frage nach dem rechtlichen Rahmen, der eine Durchbrechung des Fernmeldegeheimnisses im privatrechtlichen Bereich erlauben würde. Ein solcher ist nicht gegeben. Solange das der Fall ist, hat die Firma gemäss EDÖB die Bearbeitung von Personendaten zu unterlassen.

Die ganze Pressemitteilung kann beim Newsdienst des Bundes gelesen werden.

Es ist unklar, um welche Firma es sich dabei handelt. Es gibt scheinbar einige Anbieter in der Schweiz. Bekannt in der Schweiz wurde v.a. Logistep für ihre “Anti-Piracy Solution”. Heise hat über diese Firma schon mehrfach berichtet.

Update: Nach Inside-It handelt es sich in diesem Fall um Logistep.

Schwedische Parlamentsabgeordnete fordern Legalisierung von file-sharing

Eine wachsende Gruppe von Schwedischen Parlamentsabgeordneten (ursprünglich 7, aktuell bereits 13) fordert, die Realitäten anzuerkennen und file-sharing zu legalisieren. Karl Sigrid, einer der Abgeordneten, hat die Erklärung der Gruppe auf Englisch übersetzt und in seinem Blog veröffentlich. Darin steht, unter anderem:

Decriminalizing all non-commercial file sharing and forcing the market to adapt is not just the best solution. It’s the only solution, unless we want an ever more extensive control of what citizens do on the Internet. Politicians who play for the antipiracy team should be aware that they have allied themselves with a special interest that is never satisfied and that will always demand that we take additional steps toward the ultimate control state. Today they want to transform the Internet Service Providers into an online police force, and the Antipiracy Bureau wants the authority for themselves to extract the identities of file sharers. Then they can drag the 15-year-old girl who downloaded a Britney Spears song to civil court and sue her.

Diese Einsicht in die Realitäten ist ein grosser Erfolg von der Schwedischen Aktivisten von Piratenbüro, der Piratenpartei und dem Tracker piratebay, die seit Jahren diese Position sehr offensiv vertreten haben.

Es scheint mir, dass sich auch auf offizieller Ebene ein Umdenken ankündigt weil es deutlich wird, dass exzessive Kontrolle über die Kommunikation jedes einzelnen Bürgers sich nicht mit den Grundsätzen einer Gesellschaft nicht verträgt und dass hier gesammtgesellschaftliche Interessen sehr eng definiereten Spezialinteressen gegenüber stehen. Da könnte man fast wieder optimistisch werden ….

IFPI mal anders: «inspiring people to share!» ;) [Update]

Die IFPI ist immer wieder gut für Überraschungen. Nach dem unfreiwilligen Redesign von ifpi.com erstrahlt seit diesem Montag nun auch die Website www.musikindustrie.de, die von der Deutschen IFPI-Sektion unterhält wird, in neuem Gewand.

Auf der Homepage prangert gleich unter dem neuen Logo ein grosser Countown, der dem Besucher vor Auge führen soll, wie viele illegale Downloads seit Anfang Jahr getätigt wurden. Was die IFPI genau darunter versteht und wie sie auf diese Zahl kommt steht leider nirgends.

Erst wenn man sich den Quelltext der Website anschaut, die auf dem freien CMS Typo3 basiert, erhält man einen Hinweis, wie das mit dem Download-Zähler gemeint sein könnte. In der 7. Zeile des Quellcodes steht nämlich folgendes:

This website is powered by TYPO3 – inspiring people to share!

[Update]:
Auf Nachfrage hat uns Sylvia Reitz vom Bundesverband Musikindustrie e.V. mitgeteilt, dass der Downloadzähler auf musikindustrie.de auf der Zahl der illegalen Downloads im Jahr 2006 basiert, welche die IFPI in ihrer Brennerstudie ermitteln liess. An dieser Studie, die von der Gesellschaft für Konsumentenforschung (GfK) durchgeführt wurde, nahmen 10’000 Peresonen teil. Mehr Infos dazu in diesem Artikel auf Spiegel Online.

IFPI-Website von «Piraten» übernommen

Der IFPI (International Federation of the Phonographic Industry) wird immer wieder nachgesagt, sie täte sich schwer mit dem Internet. Einmal mehr hat sie nun dafür gesorgt, diesen Verdacht aufrecht zu erhalten.

Bis letzten Oktober war unter ifpi.com noch die Website des Verbandes zu erreichen. Weil die Organisation offensichtlich versäumt hat, sich um die Verlängerung der Rechte an der Domain zu kümmern, hat sie sich jemand anderes geschnappt. Als Inhaber ist nun PirateBay-Mitgründers Peter Kopimi eingetragen. Kurzerhand wurde die Domain zur Homepage der neu gegründeten «International Federation of Pirate Interests» erklärt.

Derweil wird in den Diskussionsforen von heise spekuliert ob sich die IFPI in Anbetracht sinkender CD-Verkäufen keinen verantwortlichen Admin mehr leisten konnte oder ob man sich einfach dazu entschlossen hat, die .com-Adresse freizugeben, weil die Hauptadresse sowieso auf .org endet.

Jedenfalls dürfte es spannend werden zu sehen, welche der beiden IFPIs auf Dauer den Kampf um die Domain-Rechte gewinnen wird.

m4music Aufzeichnungen

An der Konferenz des m4music Festivals 2007 in Zürich gab es ein paar interessante Beiträge, die jetzt auf der Website als Audio-Aufzeichnungen zum Download bereit stehen.

Die Keynote wurde von Peter Jenner aus London gehalten, welcher Manager von Pink Floyd, The Clash und anderen Bands war. Jenner viel in letzter Zeit vor allem durch seine Kritik an der Musikindustrie auf. In einem Tagi-Interview, das am m4music gemacht wurde, sagte er:

«Vielleicht ist die Ära der Musikaufnahme gänzlich vorbei, vielleicht wird es die Musik fortan nur noch auf der Bühne geben. Das ist möglicherweise sogar gut so: Antstatt jahrelang am perfekten Radiosong zu werkeln, der einem möglichst breiten Publikum gefallen soll, und Plastikscheiben in der Weltgeschichte herumzuschicken, machen wir zukünftig gute Musik für ein weltweites Nischenpublikum.»

Im Panel «House of the Rising Sun» wurde darüber diskutiert wie die Businessmodelle der Zukunft aussehen und wie die Musikbranche von den aktuellen Entwicklungen profitieren kann. In einem anderen Panel mit dem Titel «Bits and Music» drehte sich alles um den Hype «Web 2.0».
Teilnehmer der Panels waren u.a. Peter Schneider (VIRUS, DRS3, mx3.ch), Ivo M.Sacchi (Universal, IFPI) und Gregor Stöckl (Jamba!).

Zahlen zu “Game Over” von IFPI, Folgeaktionen geplant?

Rechtsanwalt Beat Högger hat am Musiksymposium 2007 in Fürigen über die Aktion “Game Over” der IFPI Schweiz berichtet. Philippe hat es kurz in einem Bericht zum Symposium zusammengefasst:

Herr Högger betont während seiner Referats mehrfach, dass die Pirateriebekämpfung ein sehr aufwendiges Unterfangen sei und erläutert detailliert wohin die 137 Strafanzeigen geführt haben:

  • 4 Verurteilungen -> Strafbefehle
  • 59 Vergleiche
  • 3 Einstellungen wegen fehlenden Vorsatzes
  • 5 hängige Gerichtsverfahren
  • 49 hängige Untersuchungsverfahren
  • 3 Einstellungen wegen Absetzens ins Ausland
  • 2 Einstellungen in Fällen wo Schulzugänge missbraucht wurden

Bei den vier Verurteilungen handelt es sich scheinbar um allgemeine Verurteilungen wegen Verletzung des Urheberrechts. Damit konnte nicht die Frage geklärt werden, ob der Download illegal ist. Scheinbar ist eine weitere Klagewelle in Planung und es gilt weiterhin die eigenen Konsumenten einzuschüchtern:

Die IFPI werde die Bekämpfung mit aller Härte weiterführen und sei für dieses Jahr noch eine zweite Klagewelle vorgesehen.

Ungelegen kommen ihnen jedoch die Aussagen zum Downloaden von Musik des Institut für geistiges Eigentum, Konsumentenschutz , Verwertungsgesellschaften und anderen. Scheinbar erachten sie es nicht als besonders hilfreich, wenn andere korrekterweise darauf aufmerksam machen, dass der Download nicht illegal ist oder es zumindest nicht klar ist. Es wäre ihnen wohl lieber, wenn niemand widersprechen würde und die Behauptungen ungeprüft übernommen werden.

Zur Game Over Aktion gab es auch einige Diskussionen in Blogs (blogg.ch,PJ Wassermann,…)