Das Bundesgericht und die Webcrawler

Bessere Responsezeiten dank Benutzeraussperrung

 Nachdem ein Rechtsanwalt bemerkt hatte, dass man Bundesgerichtsentscheide (BGE) nicht mittels Google-Recherche finden konnte[1], erklärte das Generalsekretariat des Bundegerichts auf Anfrage seine Publikationsstrategie in Bezug auf Suchmaschinen wie Google in einem technisch komplexen Antwortschreiben.

Darin wird begründet, dass die Indexierung von BGE unterbunden wurde, weil die Indexiermaschinen den Server des Betreibers so stark belastet haben, dass dessen Antwortzeiten nicht mehr dem Service Level Agreement mit dem Bundesgericht entsprachen.

Der Betreiber beschloss deshalb nicht etwa, die Kapazität seiner Server zu erhöhen, weil die BGE offenbar so intensiv abgefragt werden, sondern untersagte kurzerhand sämtliche Auffindbarkeit mittels Google und anderen Suchmaschinen. Dies führte denn auch zum gewünschte Resultat. Da niemand mehr einen BGE finden konnte, nahm die Belastung des Servers deutlich ab und seine Antwortzeit nahm wieder sehr befriedigende Werte an. Eine Website ohne Benutzer hat wunderbar prompte Antwortzeiten.

Im Antwortschreiben des Bundesgerichts wird zugestanden, dass das Indexierverbot auf jeder Seite der BGE der angestrebten Transparenz bei Leitentscheiden widerspricht und seither für diese aufgehoben wurde. Die Blockierung der Indexierroboter (mit der Anweisung Disallow in einer Datei robots.txt für die ganze Website) wird aber aus Angst vor der Denial-of-Service-Attacke durch die bösen Webcrawler weiterhin aufrechterhalten. Damit werden BGE auch in Zukunft nicht über Google auffindbar sein, da dieser Suchmaschinenbetreiber normalerweise solche in Branchenkonventionen festgelegten Blockierungswünsche respektiert.

Schliesslich geht das Antwortschreiben noch auf die Unterbindung der Indexierung von „weiteren Urteilen ab 2000“ ein. Diese Datenbank diene „rein der Transparenz“, betreffe die Rechtsprechung aber nicht, weil sie keine in der amtlichen Sammlung BGE veröffentlichten Urteile enthalte. Darum sei sie nicht für Recherchen gedacht und ihre Indexierung durch Google unerwünscht, weil man befürchtet, dass sonst die „Öffentlichkeit mit Abertausenden von repetitiven Urteilen überschwemmt“ werden könnte. Der hier vorgestellte Transparenzbegriff entbehrt nicht einer gewissen Komik, da die Öffentlichkeit bis anhin recht problemlos mit der Überschwemmung von Milliarden indexierter Webseiten weltweit zurechtkommt. Gerade bei einer grossen Anzahl von Urteilen kann nur eine indexierte Recherche zum „transparenten“ Auffinden eines konkreten Urteils verhelfen.

Der unerwünschte Nebeneffekt dieser Blockade ist die Tatsache, dass sowohl BGE Leitentscheide als auch „weitere Urteile ab 2000“ nur mit Suchmaschinen gefunden werden können, die sich nicht an die Konventionen der Branche halten. Damit bewirkt das Bundesgericht eine massive Marktverzerrung zugunsten der unbotmässigen Anbieter von Suchmaschinen. Schwarze Schafe unter den Crawlern werden solche Konventionen ohnehin nicht respektieren und können nur in der Firewall abgefangen werden. Es ist dem Bundesgericht zu empfehlen, sowohl BGE Leitentscheide als auch „weitere Urteile ab 2000“ ohne Einschränkungen allen Suchmaschinen zugänglich zu machen und allenfalls die Kapazität seiner Server zu verbessern, wenn seine Publikationen so intensiv abgefragt werden, dass die Antwortzeit darunter leidet.

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