Stellungnahme zur Anhörung zum Entwurf für eine neue SRG-Konzession

Im Moment findet gerade die Anhörung zum Entwurf für die neue SRG-Konzession statt. Gestern habe Communica.ch und wir eine gemeinsame Stellungnahme dazu veröffentlicht. Im wesentlichen geht es darum, einen Auftrag für ein frei zugängliches Archiv in die neue Konzession aufzunehmen.

Sehr geehrte Damen und Herren

Gerne nutzen wir die Gelegenheit, uns zur laufenden Anhörung zum Entwurf für eine neue SRG-Konzession zu äussern. Dabei beziehen wir uns insbesondere auf die Artikel 8, 9 und 11 des Entwurfs (Verbreitung über Internet, Abruf von Sendungen sowie Online-Angebote).

Die Schweizer Plattform zur Informationsgesellschaft – comunica-ch – hat in den Jahren 2005 – 06 ein Konzept für eine Domaine public entwickelt und zu einem ihrer Arbeitsschwerpunkte erklärt (näheres dazu siehe http://www.comunica-
ch.net/rubrique.php3?id_rubrique=60
sowie
http://www.medienheft.ch/dossier/bibliothek/d25_LudwigWolf.html).

Dabei geht es im Kern um den öffentlichen wie unbeschränkten Zugang zu Leistungen, Produktionen etc., die im Rahmen des Service public von der Öffentlichkeit via Steuern oder Gebühren finanziert wurden. Die SRG als nationaler medialer Service public-Veranstalter sollte unseres Erachtens in diesem Zusammenhang eine Vorbild-Funktion haben, was Bestandteil der neuen SRG-Konzession sein müsste.

Fast in ganz Europa sind die öffentlich-rechtlichen Sender online. Mit einiger Verspätung hat auch die SRG die digitale Revolution ausgerufen. Im internationalen Vergleich kann die SRG damit bislang kaum bestehen: In Frankreich wurden die multimedialen Dienste von Anfang an zentral organisiert, die BBC hat das Online-Angebot nebst Radio- und Fernsehen als drittes Medium integriert, und ORF ON ist zum führenden Nachrichtenportal in Österreich geworden.

Zu den Schwierigkeiten der SRG schreibt ein ausgewiesener Kenner wie Dr. Josef Trappel von der Universität Zürich (Service public Online – Grundlagen und Strategien): „Die Ausgangslage für eine kohärente Multimedia-Strategie des Service-public-Veranstalters war in der Schweiz von Anfang an erschwert. Nach dem geltenden Radio- und Fernsehgesetz von 1991 sind Online-Dienste nicht vorgesehen, denn sie waren zum Zeitpunkt der Beschlussfassung noch gar nicht bekannt. Daher wurden Gebührengelder nur für programmbegleitende Angebote aufgewendet. Diese Strategie des Zusatznutzens (Added Value) hatte zur Konsequenz, dass der gebotene Service bis heute auf einzelne Programme beschränkt geblieben ist.“ (http://www.medienheft.ch/dossier/bibliothek/d25_TrappelJosef.html)

SRG-Generaldirektor Armin Walpen hat anlässlich der Medienkonferenz zum 75-jährigen Jubiläum im Februar 06 die digitalen Zukunft der SRG erläutert (Walpen,Armin (2006): Die digitale Zukunft ist multimedial. Jubiläums-Medienkonferenz, 24.02.2006: http://www.srg.ch/fileadmin/pdfs/mm_060224_walpen_de.pdf). Demnach gehört es zur vornehmen Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Senders, zur Gemeinschaftsbildung beizutragen und eine digitale Segmentierung der Gesellschaft zu verhindern. Ausserdem müsse die SRG gegenüber den gewinnorientierten Medienunternehmen das Öffentliche bedienen. Unter diesem Gesichtspunkt scheint es nur folgerichtig, dass die SRG die mit öffentlichen Geldern generierten Archive, Material- und Wissensbestände der Allgemeinheit zugänglich macht.

Bei den für die SRG gewiss wesentlichen, aber noch ungeklärten Fragen nach den Urheberrechten hat die British Broadcasting Corporation (BBC) – immerhin die Musteranstalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – bereits 2005 mit der Lancierung der “Creative Archive Licence” einen Ausweg gewiesen (http://creativearchive.bbc.co.uk/). Mit dieser “Creative Archive”-Lizenz können Programm-Inhalte zum Herunterladen bereitgestellt werden unter den Bedingungen eines einzigen, auf Austausch beruhenden Lizenz-Entwurfs. Für das geplante Bildungsportal der SRG hat das “Digital Curriculum” der BBC offenbar bereits Pate gestanden.

Diese richtungsweisenden Ansätze und „best practice“-Beispiele sollten von der SRG weiter entwickelt werden, um den freien Zugang der Öffentlichkeit zu den SRG-Archiven nachhaltig zu gewährleisten. In dieser Hinsicht erscheinen uns die im Konzessions-Entwurf enthaltenen Formulierungen (Art. 9 – Abruf von Sendungen), wonach „die SRG Sendungen während fünf Tagen nach der Ausstrahlung im Internet
kostenlos zugänglich machen kann“, zu vage und unverbindlich. Unseres Erachtens sollte ein solcher Service zwingend zum Leistungsauftrag einer öffentlich-rechtlichen Anstalt gehören.

Ebenso sollte die SRG im Rahmen der neuen Konzession verpflichtet werden, für spätere Downloads tatsächlich nur „kostendeckende Beiträge“ im Sinne von „Grenzkosten“ bei zusätzlichen Aufwänden für die nicht-kommerzielle Nutzung zu verlangen (Art. 9, Absatz 2), da das Sende-Material via Gebühren bereits von der Öffentlichkeit finanziert wurde und uns eine Art „Doppelbesteuerung“ in diesem Zusammenhang unangemessen erscheint.

Ferner hielten wir es bei einer Service public-Anstalt für völlig unangemessen, technische Verschlüsselungsmassnahmen anzuwenden. Umgekehrt würden wir offene Standards insbesondere beim Streaming über das Internet begrüssen. Wir wären Ihnen sehr verbunden, sehr geehrte Damen und Herren, wenn Sie unsere Stellungnahme mit obigen Ausführungen und Erläuterungen bei der Ausgestaltung der neuen SRG-Konzession berücksichtigen würden.

Mit besten Grüssen

Wolf Ludwig
Co-Präsident comunica-ch

Daniel Boos
Präsident Digitale Allmend

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