URG-Revision: Digitale Gesellschaft und Digitale Allmend fordern tragfähige Lösung unter Einbezug aller Betroffenen

Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) hat auf seiner Website mitgeteilt, dass Bundesrätin Sommaruga die umstrittene Arbeitsgruppe AGUR12 reaktiviert und damit beauftragt hat, hinter verschlossenen Türen die Vorlage zur Revision des Urheberrechts zu überarbeiten. Stellungnahmen und Bericht zur Vernehmlassung wurden nicht veröffentlicht. Dieses Vorgehen widerspricht dem Vernehmlassungsgesetz und berücksichtigt in keiner Art und Weise die breit geführten Diskussionen zum Urheberrecht der letzten Jahre.

Die Digitale Gesellschaft und die Digitale Allmend fordern, dass der Vernehmlassungsbericht und alle Stellungnahmen unverzüglich veröffentlicht werden und die Arbeitsgruppe AGUR12 sofort aufgelöst wird. Erst wenn der Ergebnisbericht und die einzelnen Stellungnahmen veröffentlicht sind, ist eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den einzelnen Positionen und damit die Erarbeitung einer tragfähigen Lösung für das revidierte Urheberrecht unter Einbezug aller Betroffenen möglich.

Das Urheberrecht betrifft im Internet-Zeitalter alle Menschen und Unternehmen. Nicht zuletzt deshalb ist die ungewöhnliche grosse Zahl von 1224 Stellungnahmen zur Vernehmlassung eingegangen. Es ist ein Affront sondergleichen, wenn nun die weiteren Schritte im Revisionsprozess unter Ausschluss dieser betroffenen Kreise und mit alleinigem Fokus auf die Interessen der Grosskonzerne der Unterhaltungsindustrie hinter verschlossenen Türen durchgeführt werden soll. Das Ergebnis wäre eine URG-Revision, die sich fast ausschliesslich auf die Bekämpfung der so genannten Internet-Piraterie konzentrieren würde. Viele Verbesserungen für Bildung, Kultur, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die im ursprünglichen Entwurf von Bundesrätin Sommaruga enthalten wären, würden auf der Strecke bleiben.

Es ist kein Geheimnis, dass die USA im Rahmen eines sogenannten Runden Tisches zum Urheberrecht, der beim Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) angesiedelt ist, massiven Druck auf Bundesrat, Justiz und Verwaltung ausüben, das Urheberrecht möglichst schnell zu verschärfen. Doch es kann nicht sein, dass die partizipativ-demokratischen Prozesse unseres Landes deswegen umgangen werden.

Der Vernehmlassungsprozess sieht vor, dass die Erkenntnisse aus den Antworten der Vernehmlassung in einem Bericht zusammengefasst und zusammen mit den einzelnen Stellungnahmen veröffentlicht werden (Art. 8 und 9 Vernehmlassungsgesetz, VlG). Dies ist bis heute nicht geschehen. Stattdessen wurden einem auf intransparente Art und Weise zusammengestellten ausgewählten Kreis durch Bundesrätin Sommaruga die vorläufigen Ergebnisse im Rahmen einer Sitzung mündlich dargelegt. Dadurch wird offensichtlich das Vernehmlassungsverfahren ausgesetzt und die vielen Organisationen, die sich die Mühe genommen haben, konstruktiv am Gesetzesentwurf mitzuarbeiten, werden vor den Kopf gestossen. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auch auf den Brief der Task Force URG, welche über 50 Institutionen umfasst, an Bundesrätin Sommaruga vom 22. September:

http://urg-lda.ch/brief-an-bundesraetin-sommaruga/

Die Digitale Gesellschaft und die Digitale Allmend fordern deshalb, dass vor weiteren Arbeiten am Gesetzesentwurf der Vernehmlassungsbericht verfasst und zusammen mit allen Antworten veröffentlicht wird. Ausserdem soll die AGUR12 sofort aufgelöst werden. Die einseitige zusammengesetzte Arbeitsgruppe hat mit Veröffentlichung ihres Schlussberichtes am 6. Dezember 2013 ihren Auftrag – wenn auch mehr schlecht als recht und nicht mandatskonform – erfüllt und abgeschlossen. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, warum die bewährte demokratische Tradition der Schweiz im Bereich des Urheberrechts durch eine undurchsichtige Kabinettspolitik ersetzt werden soll.

 

Neuer Präsident und zwei neue Mitglieder im Vorstand

Wie in der Einladung für unsere Jahresversammlung angekündigt, bin ich gestern als Präsident und vom Vorstand der Digitalen Allmend zurückgetreten. Ich bin der Meinung, dass nach vier Jahren, davon eines als Ko-Präsident, ein Wechsel angebracht ist und gleichzeitig hat mir meine zeitliche Belastung in anderen Bereichen die Entscheidung etwas leichter gemacht.

Es freut mich sehr, dass wir mit Bruno Jehle einen der Gründer des Vereins als meinen Nachfolger gewinnen konnten. Er ist unbestritten einer der wichtigen Akteure und Vordenker in der Schweiz für die Public Domain in der vernetzen, digitalen Welt.

Auch fantastisch ist, dass sich mit Christoph Zimmermann und Micha L. Rieser zwei Mitglieder der jüngeren Generation in den Vorstand haben wählen lassen. Beide sind der Public Domain durch ihre Tätigkeiten in anderen Projekten stark verbunden. So ist Christoph unter anderem als Mitinitiator des ‚Public Domain Projektes‘ bekannt, welches in akribischer Arbeit Schellackplatten digitalisiert und im Netz bereits stellt. Micha wiederum ist als Mitglied des Vorstandes von Wikimedia Schweiz und ehemaliger ‘Wikipedian in Ressidence’ im Bundesarchiv an vorderster Front an der Arbeit, wenn es um das digitale Heben der Schätze unseres kulturellen Erbes geht.

Nachdem im Herbst 2012 von Bundesrätin Sommaruga die unausgewogen zusammengesetzt Arbeitsgruppe Urheberrecht (AGUR12) eingesetzt wurde, war uns klar, dass wir uns auf eine Vielzahl von Forderungen zur Revision unseres relativ liberalen Urheberrechtes gefasst sein müssen, die vor allem eine Einschränkung der kreativen Möglichkeiten und die Verkleinerung der Public Domain bedeuten würden. Der etwas mehr als ein Jahr später erschienene Bericht der AGUR12 hat dann unsere schlimmsten Befürchtungen Wahr werden lassen. Darum haben wir uns in den letzen Jahren, neben vielen anderen Aktivitäten, darauf konzentriert uns besser mit allen Akteuren im Bereich Urheberrecht in der Schweiz zu vernetzen um sicherzustellen, dass wir, trotz begrenzten Ressourcen, unseren Ideen und Vorstellungen im zu erwartenden Gesetzgebungsprozess deutlich mehr Gehör verschaffen können.

Im vorgelegten Gesetzesentwurf vom Dezember letzten Jahres wurden zwar leider fast alle schlechten Ideen der AGUR12 aufgenommen, allerdings fanden sich glücklicherweise auch ein paar Änderungsvorschläge, die wir begrüssen konnten und wir haben uns zusammen mit den Organisationen und Institutionen der Task Force URG in der Vernehmlassung darum bemüht, konstruktiv an dieser Revision mitzuarbeiten. Diese Arbeit ist natürlich noch lange nicht abgeschlossen und ich werde mich weiterhin als Mitglied der Digitalen Allmend in der Task Force URG, in der Digitalen Gesellschaft und an vielen anderen Stellen für ein sinnvolles Urheberrecht einsetzen.

Ich freue mich, dass der Vorstand in dieser neuen Konfiguration für die Zukunft des Vereins äusserst vielversprechend aufgestellt ist, und wünsche allen meinen Kollegen und Kolleginnen in der Digitalen Allmend weiterhin viel Freude und Erfolg mit ihrer Arbeit für eine grossartige, inspirierende und vor allem weitläufige Public Domain der Kultur und des Wissens.

Tagungsbericht

Kurzbericht von der 13. Urheberrechtstagung des Schweizer Forums für Kommunikationsrecht vom 28. Mai 2014 in Bern

Am Mittwoch, 28. Mai 2014 hat das Schweizer Forum für Kommunikationsrecht (SF-FS) nach Bern ins Hotel Kreuz zur 13. Urheberrechtstagung mit dem Titel «AGUR12 – und jetzt?» eingeladen.

Martin Steiger und ich haben als Vertreter der Digitalen Gesellschaft bzw. der Digitalen Allmend die Tagung besucht. Martin hat die Tagungsunterlagen als PDF zur Verfügung gestellt. Die Links dazu findet Ihr jeweils passend im Beitrag.

Programm: http://www.martinsteiger.ch/sharing/allmend/20140528_sf-fs_agur12_01_programm.pdf

Teilnehmerliste: http://www.martinsteiger.ch/sharing/allmend/20140528_sf-fs_agur12_02_teilnehmerliste.pdf

Dieser Kurzbericht ergänzt die Tagungsunterlagen und fasst die – aus Sicht des Autors – erwähnenswerten Bemerkungen und Äusserungen der Tagungsreferenten und Podiumsteilnehmer zusammen. Es handelt sich dabei nicht um ein komplettes Bild der Tagung.

Einführung

Prof. Dr. Reto M. Hilty eröffnet die Tagung und stellt im Rahmen seiner Kurzeinführung fest, dass die AGUR12 an der Legalität des Downloads von urheberrechtlich geschütztem Material festhalten will, obwohl der EuGH – allerdings nachdem der AGUR12 Bericht abgegeben wurde – entschieden hat, dass eine solche Rechtssetzung nach EU-Recht nicht zulässig sei. Er ergänzte dazu interessanterweise, dass die Schweiz ja frei sei, im Bezug auf die EU, aber nicht ganz frei sei, im Bezug auf die USA und verweist dabei auf den Runden Tisch mit dem SECO und auf den Umstand, dass die US-Unterhaltungsindustrie immer mal wieder fordert, uns auf die Watchlist der USA zu setzen (siehe z.B. http://www.steigerlegal.ch/2014/05/05/urheberrecht-amerikanisches-lob-fuer-die-schweiz/)

Überblick

Dr. Roland Grossenbacher, Direktor des Instituts für Geistiges Eigentum (IGE), gibt einen Überblick über die Geschichte und den Zweck der AGUR12. Er weist darauf hin, dass die üblichen naturrechtlichen Begründungen für das Urheberrecht zwar als Grundlage für die Autorenrechte, also die Urheberpersönlichkeitsrechte dienen können, darüber hinaus aber wenig geeignet sind, die immer weitergehenden wirschaftlichen Monopolrechte sowie verwandte Schutzrechte und Leistungsschutzrechte zu begründen. Es sollte vielmehr eine stärkere Trennung von Autorenrechten und wettbewerbsrechtlichen Überlegungen stattfinden.

im Zusammenhang mit der AGUR12 Arbeitsgruppe weist er darauf hin, dass dort darüber Einigkeit bestanden hätte, dass illegale Angebote im Internet die Entstehung von legalen Angeboten behinderten. Eine – aus meiner Sicht – wenig belegte Behauptung der Unterhaltungs-Industrie. Im Weiteren betont er, dass die ISPs zwar nicht Teilnehmer der Arbeitsgruppe waren, aber intensiv in die Diskussionen miteinbezogen worden seien. Nicht zuletzt darum sei letztendlich ein Konsens, wenn auch ein äusserst fragiler, über die ausgewählten Vorschläge erreicht worden. Diese Vorschläge seien verhältnismässig und stünden im Einklang mit dem Schutz der Bürgerrechte. Von Schnüffeleien und «Internetpolizei» könne keine Rede sein.

Der Einführungsvortrag von Herrn Dr. Grossenbacher zeigt, dass das IGE zwar ein gewisses Verständnis für die zunehmende Kritik, die den Unterhaltungskonzernen und Rechteverwertern entgegen weht, aufbringen kann – interessanterweise spricht auch er meistens von der US-Filmindustrie und nicht von den USA, wenn es um den Druck auf die Schweiz geht. Gleichzeitig findet aber auch das IGE die Idee eines «sauberen Internets» (sic!)  als erstrebenswert und geht bei den eigenen Überlegungen von der unbelegten Prämisse aus, dass illegale Angebote im Netz die legalen Anbieter derart behindern, dass die von der AGUR12 geforderten Eingriffe gerechtfertigt sind.

Ergänzendes Material zu den beiden Einführungsreden aus den Tagungsunterlagen:

http://www.martinsteiger.ch/sharing/allmend/20140528_sf-fs_agur12_03_einfuehrung_und_ueberblick.pdf

Providerhaftung und Rechtsdurchsetzung

Tagungsunterlagen zu den beiden Vorträgen:

http://www.martinsteiger.ch/sharing/allmend/20140528_sf-fs_agur12_04_providerhaftung_und_rechtsdurchsetzung.pdf

Dr. Emmanuel Meyer (IGE) hat anhand einer Grafik die verschiedenen repressiven Massnahmen, die die AGUR12 fordert, vorgestellt (siehe Tagungsunterlagen). Diese Grafik werden wir in einem separaten Post noch genauer erläutern. Im Wesentlichen wurden die bekannten Standpunkte der AGUR12 wiederholt. Interessant war allerdings die, auch im späteren Verlauf der Tagung, mehrfach wiederholte Aussage, dass es sich bei vorgeschlagenen Massnahmen vor allem um Massnahmen gegen schwerwiegende Fälle handelt, und diese nicht mehr als eine Handvoll Einzelfälle betreffen soll. Nun, wenn es wirklich nur diese 5 Einzelfälle sind, die den AGUR12-Mitgliedern Probleme bereiten, ist dann wirklich noch die Verhältnismässigkeitt bewahrt, oder wird da nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen?

Bei der anschliessenden Panel-Diskussion betont Lorenz Haas (IFPI), dass er zufrieden sei mit der Einführung und dem Schlussbericht, was natürlich Bände spricht. Weiterhin erklärt er einmal mehr, dass es nicht um die US-Unterhaltungsindustrie, sondern um die Schweizer Kulturschaffenden ginge, darum habe sich auch der Verein Musikschaffende formiert. Auch diese Aussage ist zu relativieren, da die Schweizer Kulturschaffenden bis heute keine Zahlen vorlegen, die zeigen, wieviel Geld ihnen durch sogenannten illegale Quellen verloren geht. Diese Zahl wäre wichtig um die Verhältnismässigkeit der geforderten Massnahmen besser beurteilen und ggf. alternative Vorschläge entwickeln zu können.

Dr. Dominik Rubli (Sunrise) erklärt, dass durch die AGUR12-Vorschläge die Provider die Rolle der Privatpolizei der Rechteinhaber übernehmen sollen und dass aus seiner Sicht, die Diskussion im Bezug auf die Verhältnismässigkeit in der AGUR12 zu wenig geführt wurde. Der Fragen, ob diese Massnahmen wirklich nötig seien und ob es nicht auch andere Möglichkeiten gäbe, um der paar wenigen schwerwiegenden Fälle Herr zu werden, wurde zu wenig Beachtung geschenkt.

Daniel Schönberger (Google) stellt fest, dass es ein Faktum sei, dass heute mehr Kultur produziert werde denn je. Anbieter wie Google und andere Provider haben neue Absatzmärkte geschaffen und Karrieren ermöglicht, die es vorher nicht gab. Es sei schon immer die beste Strategie gewesen, mit kundenfreundlichen legalen Angeboten den illegalen die Stirn zu bieten.

Kollektive Verwertung

Tagungsunterlagen zu diesem Teil der Veranstaltung:

http://www.martinsteiger.ch/sharing/allmend/20140528_sf-fs_agur12_05_kollektive_verwertung.pdf

Dr. Emanuel Meyer erklärt in seiner Einführung, dass die Verwertungsgesellschaften gestärkt aus der AGUR12 getreten seien. Ihre Arbeit werde von niemandem in Frage gestellt, im Gegenteil man gehe eher davon aus, dass ihre Rolle in Zukunft noch wichtiger werde. Es sei zwar der Tarifdschungel kritisiert worden und man habe auch vor in diesem Bereich nach besseren Lösungen zu suchen, man dürfe aber nicht vergessen, dass die verschiedenen Tarife auch Ausdruck verschiedener Wünsche und Geschäftsmodelle der Nutzer seien. Das Tarifgenehmigungsverfahren dauere zwar zu lange, da sei man sich einig, aber eine Lösung sei bisher nicht in Sicht.

Carlo Govoni ist in seiner anschliessenden kritischen Beleuchtung zum Schluss gekommen, dass die AGUR12 ihr Mandat in diesem Bereich nicht erfüllt habe und dass die vorgeschlagenen Massnahmen einen Tropfen auf den heissen Stein darstellten.

Im anschliessenden Podium hat Andreas Wegelin (SUISA) betont, dass die Transparenzvorschriften der EU von den Schweizer Verwertungsgesellschaften bereits weitgehend erfüllt seien.

Dr. David Aschmann (Bundesverwaltungsgericht) hat in seinem Votum erläutert, dass die AGUR12 recht habe, mit ihrer Analyse der Eigenössischen (ESchK) Schiedskommission, dass sich aber wohl nichts ändern werde, solange die ESchK nicht bereit sei, sich als Gericht zu verstehen und Reglemente zu erlassen. Aus seiner Sicht, sollten die Verwertungsgesellschaften die Tarife selbständiger erlassen können und sich dabei an einen Rahmen bzw. Tarifplan halten, der von der ESchK vorgegeben wird. Dafür sollten die Tarife nicht mehr abstrakt wie Gesetze daher kommen, die nachher kaum umgesetzt werden könnten.

Schrankenregelung

Tagungsunterlagen zu diesem Teil der Veranstaltung:

http://www.martinsteiger.ch/sharing/allmend/20140528_sf-fs_agur12_06_schrankenregelung.pdf

Dr. Emanuel Meyer erwähnt in seiner Einführung, dass in der AGUR12 unter anderem über das vorgeschlagene Verzeichnisprivileg, das Problem der Doppelvergütung durch die Leerträgerabgabe, die Social Media-Schranke und die Umgehung der Urheberrechtsschranken durch technische Massnahmen gesprochen wurde. Als Beispiel für eine typische Urheberrechtsverletzung bei Facebook nennt Meyer das Hochladen eines eigenen Fotos von einer temporären Kunstinstallation.

Prof. Dr. Cyrill P. Rigamonti sieht in einer kritischen Betrachtung keine Notwendigkeit für das Verzeichnisprivileg und stellt in Frage, dass es derzeit tatsächlich wesentliche Fälle gibt, in welchen Schranken des Urheberrechts durch technische Massnahmen umgangen werden. Ich habe auch den Eindruck, dass das Verzeichnisprivileg, so wie es von der AGUR12 vorgeschlagen wurde, viel zu eng formuliert ist und dass es in Zukunft entgegen allen Beteuerung dazu benutzt werden wird, zusätzliche Einnahmen zu generieren.

Im folgenden Podium weist Dr. Christian Laux darauf hin, dass das Urheberrecht bzw. die geistigen Eigentumsrechte ihre Berechtigung vor allem darin haben, dass sie zur Förderung von Innovation beitragen sollen. Eine Social Media-Schranke, wie sie im AGUR12 Bericht vorgeschlagen wird, würde eher zum simplen Kopieren, denn zum Innovieren Anreize schaffen und sei aus seiner Sicht darum eher nicht zu unterstützen. Er würde darum für eine Art Bearbeitungsrecht plädieren, welches immer dann zum Tragen käme, wenn damit Innovation erkennbar würde. Diese Innovation muss nicht nur auf der Werkebene stattfinden, sondern kann auch auf Prozessebene vorliegen.

Dr. Kai-Peter Uhlig (Rechtsanwalt der Filmindustrie) steht neuen Schranken im Urheberrechr grundsätzlich skeptisch gegenüber und ist der Meinung, dass Schranken das Potential haben, Märkte zu verhindern, die allfällige Probleme besser lösen würden und dass diese Schranken oft neue Nutzniesser schaffen, die sich monetäre Vorteile verschaffen können.

Dr. Werner Stauffacher (ProLitteris) bezeichnet das Verzeichnisprivileg als «nice to have«, da es nicht dafür sorgt, dass Geld zum Urheber fliesst. Er ist der Meinung, dass man Schranken einrichten soll, die auch eine Verwertung vorsehen. Die Social Media-Schranke wäre eine solche, da sie mit einer zwingenden Kollektivvertwertung verbunden wäre. Ein hochgeladenes Bild auf Facebook würde dadurch dem Künstler zu seiner berechtigten angemessen Vergütung verhelfen.  Auf die Ideen von Christian Laux eingehend macht er klar, dass er das Urheberpersonenrecht auf keinen Fall aufgeweicht sehen möchte. Es zeigt sich, dass die so harmlos klingende Social Media-Schranke eigentlich eine Art «Internet-Steuer» darstellt. Auch Dr. Grossenbacher weisst darauf hin, dass eine solche wohl schwierig zu vermitteln wäre. (http://www.steigerlegal.ch/2013/12/06/agur12-empfiehlt-pruefung-von-internet-steuer/)

Abschluss

Abschliessend erwähnt Dr. Roland Grossenbacher zum wiederholten Male, dass es richtig sei, dass die AGUR12 nur kleine Brötchen gebacken habe, dass aber mehr in der relativ kurzen Zeit, die zur Verfügung stand, auch nicht möglich gewesen sei. Eine vertiefte Reflexion der verschiedenen Fragestellungen rund um das Internet im digitalen Zeitalter brauche Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Diese Diskussionen fänden in der Wissenschaft bereits statt und werden bestimmt früher oder später auch in den politischen Diskurs einfliessen. Aus meiner Sicht dürfen wir die vorgeschlagenen Massnahmen der AGUR12 nicht verniedlichen. Es handelt sich da keineswegs nur um kleine Brötchen, die da gebacken wurden. Die repressiven Massnahmen sind gravierend. Der Bundesrat hat sich am 2. Juni 2014 nun das erste Mal zum AGUR12 Bericht geäussert. Er spricht unter anderem von einem «zivilrechtlichen Instrument» und meint damit das im Bericht vorgeschlagene Two-Strikes-Verfahren und damit die Aushebelung des Fernmeldegeheimnisses zugunsten der Unterhaltungsindustrie. (Siehe dazu auch: http://www.steigerlegal.ch/2014/06/02/urheberrecht-im-internet-wie-weiter-nach-der-agur12/)

Andreas Von Gunten, 3. Juni 2014

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