ch-open: Call for Open Concepts für informatica08

2008 findet das Informatikjahr informatica08. Ziel ist die Förderung der Informatik in der Schweiz.

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Dabei soll auch Open Source, Open Content und Open Standards ein Thema sein. ch-open hat einen “Call for Open Concepts” gestartet. Projektideen von Einzelpersonen, Gruppen, Firmen und anderen Organisationen können bis am 1. Oktober eingereicht werden. Die Besten Konzepte werden fürs offizielle Detailprogram vorgeschlagen und bei der Realisierung unterstützt.

Der Call for Open Concepts als PDF.

OOXML – Letzte Chance für die Schweiz ihr Gesicht zu wahren (Nachtrag)

Matthias Stürmer hat für Netzpolitik.org einen Gastbeitrag zu OOXML und der Schweiz verfasst. Wir haben uns erlaubt den Gastbeitrag auch hier zu veröffentlichen:

Letzte Chance für die Schweiz ihr Gesicht zu wahren

Nachdem nun von überall in der Welt die Resultate der nationalen Standardisierungsgremien bezüglich dem ISO Fasttrack-Verfahren von OOXML veröffentlicht werden, bleibt die Lage in der Schweiz bis zum letzten Moment unklar. Zwar hat der Kommissionsleiter Hans-Rudolf Thomann Anfang der Woche bereits stolz verkündet, dass mit überwältigender Mehrheit OOXML angenommen wurde. Jedoch bereits 24 Stunden später verkündete ein vom Präsident, dem CEO, dem COO und einem weiteren Vorsitzenden der Schweizerischen Normenvereinigung (SNV) unterzeichneter Brief an alle Kommissionsmitglieder, dass die Resultate der ersten Abstimmung als ungültig erklärt wurden. Es werde nun bis am 1. September 24 Uhr eine zweite Abstimmung durchgeführt – das definitive Resultat muss dann am 2. September an die ISO übermittelt werden. Dies zeigt, dass die hartnäckigen Proteste durch FSFE und SIUG schliesslich auch die obersten Etagen der alteingesessenen SNV verunsichert haben.

Zurecht, denn was sich zuvor in der UK14, die über OOXML beratende Kommission, abgespielt hat, ist tatsächlich skandalträchtig. Nicht nur, dass zahlreiche Kommentare von Norbert Bollow der SIUG abgelehnt wurden, ohne richtig diskutiert zu werden. Auch hat es Herr Thomann, der so genannte Convenor von UK14, leider versäumt, die Mitglieder der Kommission darauf aufmerksam zu machen, dass am Ende der Sitzung abgestimmt würde. Die Sitzung dauerte zudem bis 18 Uhr, und nicht wie angekündigt, bis 12 Uhr. So kam es, dass sich zwar eine Mehrheit der Anwesenden gegen OOXML aussprach, sich jedoch der Convenor die Freiheit nahm, die Empfehlung der Kommission in die Befürwortung des OOXML-Standards umzuwandeln. Somit konnte in der ersten Abstimmungsrunde nur noch darüber befunden werden, ob man die Empfehlung der Kommission annehmen wollte oder nicht – offenbar ein klarer Verstoss gegen die SNV-Richtlinien, wie die Direktion offenbar kurz vor dem Ende erkannte.

Unabhängig davon, wie nun das Resultat heute Abend in der Schweiz oder im Februar 2008 in der ISO ausgehen wird, stellt sich die Frage, was genau der Wert eines solch offenbar umstrittenen ISO-Standards ist. Ausser Microsoft selber, seinen vergoldeten Partnern und einigen trägen, öffentlichen Institutionen hat nämlich niemand Interesse an unterschiedlichen Standards für das gleiche Ziel. (ODF ist bereits seit über einem Jahr ein ISO-Standard für Office-Dokumente). Wer schon mal mit einem Dreipol-Stecker in Europa rumgereist ist weiss, wieso Auswahl nicht immer von Vorteil ist. Dann zeigt die aktuelle Situation auch, dass dieser ganze Normierungsprozess wie er heute läuft, offenbar einfach zu umgehen ist. In den letzten 14 Tagen sind rund 20 Microsoft Gold Partner der Kommission beigetreten – ganz ohne finanzielle Anreize, wie Marc Holitscher von Microsoft wiederholt vehement betonte. Und das mag ja auch stimmen, denn die Partnerfirmen haben ja ebenfalls ein existenzielles Interesse an der Abhängigkeit ihrer Kunden von Microsoft. Dennoch wird die schön formulierte Philosophie des SNV durch die aktuellen Vorgänge krass verletzt. Neben dem sich die Institution in ihrer Mission rühmt, zum Wohle der Gesellschaft und Wirtschaft zu agieren, kann sie leider ihrer eigenen Vision nicht gerecht werden: „[…] Neben diesen rein geschäftlichen Überlegungen darf man aber nicht vergessen, dass die Welt auch in einem erweiterten Sinne Normen braucht. Dann nämlich, wenn es um ‘gute Praxis’, Verantwortung, Fairness und Ethik im Zusammenspiel von Wirtschaft und Gesellschaft geht.“ Wenn somit die SNV den OOXML-Standard nicht klar ablehnt oder sich zumindest enthält, hat sie ihre Glaubwürdigkeit endgültig verspielt.

Nachtrag:

Die SNV hat nun das Abstimmungsresultat veröffentlicht:

Nach langen Diskussionen endet in der Schweiz die Abstimmung der 57 Komiteemitglieder mit folgendem Resultat:

43 Stimmen für die Annahme des Entwurfes
14 Stimmen für die Ablehnung des Entwurfes

Aufgrund dieses Resultates stimmte die SNV im Namen der Schweiz mit: “Annahme mit Kommentierung”, weil die Experten vorgängig einige Kommentare zum Dokument erarbeitet hatten.

Nachtrag 2: Inside IT Bericht

Fragwürdiger OOXML Entscheid in der Schweiz?

In den letzten Wochen ist ein heftiger Streit rund, um die Verabschiedung des Microsoft Dateiformats OOXML als internationalen Standard entstanden. Die Debatte findet auch in der Schweiz statt und zwar beim SNV (Schweizerische Normenvereinigung). Die WOZ hat nun einen längeren Artikel zu den seltsamen Vorkomnissen und der Vorgehensweise in der Kommission veröffentlicht. Bedenklich ist die Annulierung einer ersten Abstimmung und die plötzliche Zunahme von Mitgliedern kurz vor dem Entscheid:

Den Entscheid selbst sollten die Expert­Innen der jeweiligen Komitees fällen. Doch da wird es brisant: Jeder und jede kann Mitglied eines Komitees werden. Am Anfang hatte das ooxml-Komitee etwa zwanzig Mitglieder, als es um die Abstimmung ging, waren es plötzlich über fünfzig. Offensichtlich hatte Microsoft noch kurz vor der Abstimmung Leute ins Komitee geschickt. Nach SNV-Reglement ist dies zulässig, was zeigt, dass die Normen-Vereinigung auf solche politischen Entscheide nicht vorbereitet ist.

Treffend dazu ist wohl der Comic von Nooxml.org:
Comic about procedure

Verschiedene Gruppierungen, u.a. die SIUG oder FSF Switzerland sind im Moment sehr aktiv und versuchen zu verhindern, dass die Schweiz OOXML als Standard vorschlägt. Die SIUG hat dazu Dokumente zusammen gestellt.

Das Resultat der Abstimmung wird wohl am 1.9 oder 2.9 öffentlich werden.

MP3 Player – Bericht im Kassensturz – Abgabe ab 1.9

Ab dem 1.9.07 (morgen) fallen beim Kauf eines MP3 Player in der Schweiz Gebühren an. Diese werden an die Verwertungsgesellschaften bezahlt. Das Konsumentenmagazin Kassensturz hat am letzten Dienstag einen ausführlichen Bericht gebracht und auch den den Geschäftsführer der SUISA Alfred Meyer interviewt. Den Beitrag gibt es auch online. Es folgt eine kurze Zusammenfassung der diskutierten Punkte (Kein Anspruch auf Vollständigkeit):

“Zu Beginn macht Alfred Meyer (SUISA) deutlich, dass die Vergütung zu Gunsten der Künstler ist. Der Kassensturz fragt dann nach, ob die Beiträge nicht zu hoch sind. Alfred Meyer erklärt dann die Preisgestaltung, die nach seiner Ansicht ok ist. Die hohen Preise liegen scheinbar daran, dass die Zahlen auf dem Jahre 2004 basieren. Man wisse aber dass sich sich die Kapazitäten alle 1.5 Jahre verdopplen. Der Kassensturz fragt nach und will wissen, ob Alfred Meyer mit dieser Aussage versteckt zu erkennen gegeben hat, dass die Preise zu hoch sind. Alfred Meyer gesteht dann ein, dass die Preise im Moment zu hoch sind und auch das Bundesgericht das gesagt habe. Die Gebühren seien aber auch so hoch, weil die Künstler so lange warten mussten. Scheinbar gehen die Gebühren runter, es hängt aber von den Preisverhandlungen ab und der Schiedskomission. In einem guten Fall dauert es gemäss Alfred Meyer ein Jahr. Die nächste Frage ist, weshalb Flash Speicher teurer sind als Harddisk Speicher. Alfred Meyer gesteht ein, dass das richtig ist und Flash Speicher eben auch 10 mal teurer sind als HD Speicher. Der Kassensturz greift ein und sagt das die Preisgestaltung unverständlich sei. Schliesslich folgt die übliche Frage der Doppelbelastung, d.h. wenn ein Song online gekauft wird und direkt auf einem MP3 Player gespeichert wird. Alfred Meyer verweist auf die Privatkopie, die vergütungspflichtig ist. Der Kassensturz interveniert und findet das nicht richtig, da ja der Song nur auf den MP3 Player transferiert wird und nicht eine Privatkopie gemacht wird. Alfred Meyer sagt dann, dass ein Abzug gemacht werden musste für online verkaufte Songs.”

Verschiedene Anbieter haben nun scheinbar noch speziell Aktionen gemacht auf MP3 Player, die vor dem 1. September gekauft werden. Ab morgen wird also fürs erst einmal die Gebühr bezahlt. Die Gebühr bleibt aber weiterhin umstritten und es ist wohl zu erwarten, dass verschiedene Seiten darauf reagieren.

Offene Formate oder Verschlüsselungsverbot für Digital TV?

Die Ständerätin Simonetta Sommaruga hat im Juni eine Motion zur “Verschlüsselung von Set-Top-Boxen im digitalen Kabelnetz” eingereicht:

Der Bundesrat wird beauftragt, von seinen gesetzlichen Möglichkeiten gemäss RTVG Gebrauch zu machen und die proprietäre Verschlüsselung von freien Fernsehkanälen im Grundangebot bei der digitalen Verbreitung in Kabelnetzen zu verbieten, oder, wenn eine Verschlüsselung angewandt wird, einen offenen Standard des Betriebssystems für alle Hardware-Anbieter einzuführen.

Sie begründet ihre Forderung mit fünf Punkten und fordert abschliessend:

Der Bundesrat hat verschiedene Möglichkeiten, um die wettbewerblich unstatthafte Kundenbindung aufzuheben: Er kann ein generelles Verbot der Verschlüsselung erlassen, oder er kann – wenn eine Verschlüsselung angewandt wird – verordnen, dass der Code für andere Geräteanbieter zugänglich gemacht werden muss (open standard des Betriebssystems). Der Bundesrat hat es auch in der Hand, die Wettbewerbskommission mit einer Untersuchung der Wettbewerbssituation zu beauftragen.

Die Forderung nach offenen Standards ist sehr wichtig. Die Motion trägt hoffentlich zu einer Debatte darüber bei. Die Motion ist noch nicht im Plenum behandelt worden.

NZZ: Beilage zu Urheberrecht und Kunstfreiheit

Die NZZ hat heute eine sehr gute und spannende Beilage.

NZZ: Das Fundament des Urheberrechts wankt.

Bemühungen um eine Modernisierung des Urheberrechts gehen stets von Begriffen aus, die in der Ästhetik des 19. Jahrhunderts entwickelt wurden. Die rechtlichen Kategorien des Urheberrechts entsprechen aber schon lange nicht mehr aktueller ästhetischer Praxis und behindern sogar die kreative Arbeit unabhängiger Musiker.

NZZ: Die Basis macht mit.

Künstler und Konsumenten engagieren sich bei der Urheberrechtsrevision.

Gemeint sind wohl u.a Kunstfreiheit und der Konsumentenschutz. Nicht direkt erwähnt, aber nicht zu vergessen sind die gemeinsamen Briefe verschiedener Organisationen und die Petition Lieblingmusig.

NZZ: Die Musik im Zeitalter des «Copy and Paste»

Die Audio-CD feiert Geburtstag. Viele Geburtstagsansprachen hören sich aber an wie Leichenreden. Als Referenzpunkt von Urheberrechtsrevisionen könnte die CD aber noch zur Untoten mutieren.

[u .a. via Netzpolitik, Kunstfreiheit]

Niederlande: Verwertungsgesellschaft startet Pilotprojekt mit Creative Commons Lizenzierter Musik

Die Verwertungsgesellschaft für Musik Buma/Stemra startet einen Pilot und erlaubt es ihren Mitglieder Werke unter eine Creative Commons Non-commercial Lizenz zu stellen. Der Pilot wird zusammen mit Creative Commons NL gemacht und dauert ein Jahr.
Burma/Stella hat dazu eine Pressemitteilung veröffentlicht:

Buma/Stemra and Creative Commons Netherlands are launching a pilot that will give members of Buma/Stemra the opportunity to publish their music works under a non-commercial Creative Commons licence. Composers and lyricists, who to date have only been able to publish their work under a Creative Commons license, may now opt to join Buma/Stemra and have this organisation collect their royalties for commercial use of their work. With this pilot Buma/Stemra and Creative Commons Netherlands seek to provide Dutch musicians with more opportunities to promote their own repertoire.

Das ist ein erster Durchbruch bei der Diskussion rund um Verwertungsgesellschaften und Musik. Bisher war es in keiner europäischen Verwertungsgesellschaft möglich.

Schweizerischer Nationalfonds erlässt Weisung zu Open Access

Der Newsletter der SAGW berichtet über die neu erlassene Weisung der Schweizerischen Nationalfonds zu Open Access. Der Schweizerische Nationalfonds ist eine der zentralen Finanzierungsinsitutionen für die Wissenschaft in der Schweiz.

Mit öffentlichen Mitteln geförderte Forschung sollte – nicht zuletzt im Interesse der Wissenschaft
selbst – auch möglichst gut öffentlich zugänglich sein. Der Schweizerische Nationalfonds (SNF)
erlässt daher auf den 1. September 2007 die «Weisung bezüglich Open Access zu wissenschaftlichen
Publikationen aus von ihm geförderten Projekten». Sie stellt eine Lösung dar, welche den
Forschenden bei der Umsetzung Wahlfreiheiten gewährt.

Die Weisungen können beim Nationalfonds angesehen werden.

geistige Eigentumsrechte fordern, aber Wikipedia-Artikel abkupfern

Die Webseite “forschungsstandort.ch” ist die Webseite der Expertengruppe zu geistigem Eigentum vom Wirtschaftsdachverband economiesuisse. Der Wirtschaftsdachverband setzt sich für einen griffigen Schutz des geistigen Eigentums ein. Die Webseite soll nun die Position der Schweizer Wirtschaft darlegen. Auf der Startseite findet sich ein nicht ganz beabsichtigter Positionsbezug in der Form eines abgekupferten Texteils aus Wikipedia. Die Beschreibung von Edison ist eine Kopie vom deutschsprachigen Eintrag zu Thomas Edision in der Wikipedia.

Erfinder auf dem Gebiet der Elektrizität und des Kraftwerkwesens. Seine Verdienste gründen in erster Linie auf der Marktfähigkeit seiner Erfindungen, die er mit ausserordentlichem Geschick zu einem ganzen Sysetm von Stromerzeugung, Stromverteilung und Anlieferung des Stromes beim Verbraucher verbinden konnte. Im besonderen Masse ist eine Erfindung Edisons auch heute noch mit der Elektrizität in jedem Privathaushalt verbunden.

Der Anfang und das Ende des Textes wurde leicht abgewandelt und auch ein Tippfehler hat sich eingeschlichen. Es fehlt sowohl eine Angabe zur Quelle, als auch eine Angabe, dass es eigentlich ein Zitat ist.
Von der Economiesuisse und einer Expertengruppe zu geistigem Eigentum würde man eigentlich mehr Sensibilität in diesem Thema erwarten. Insbesondere dann, wenn die ganze Seite eigentlich genau dieses Verhalten indirekt anprangert.

Nachtrag: Metablog hat nachgefragt und eine Antwort erhalten.

Service eingestellt – DRM gekaufte Filme nutzlos

Google hat den Verkauf und die Miete von Videos beim Google Video Dienst eingestellt. Die Videos waren mittels DRM geschützt und können nun nicht mehr abgespielt werden. Google schrieb den Käufern gemäss the guardian:

“After August 15, 2007, you will no longer be able to view your purchased or rented videos,” the company said in an email sent to customers who had bought items such as NBA basketball games or TV shows such as CSI.

Wer also DRM geschützte Stücke kauft, der muss mit dem Risiko leben, dass er plötzlich ein e-Mail erhält und all seine gekauften Stücke in wenigen Tagen nicht mehr verwendbar sind. Die KäuferInnen haben zwar eine Gutschrift erhalten, nur nützt das nicht viel, da man alles nun noch einmal kaufen darf. Das Beispiel zeigt sehr gut die Nachteile und Risiken von DRM auf. Eine zehnjährige CD läuft immer noch auf einem neuen Computer. Ein DRM geschütztes Werk scheint nicht einmal mehrere Jahre auf dem selben Gerät abspielbar zu sein. Auch boingboing hat mehrere Berichte ([1]|[2]) darüber.

Es ist zu hoffen, dass unsere Nationalräte im Herbst bei der Urheberrechtsrevision nicht auf die vollmundigen Versprechungen der DRM-VerfechterInnen eingehen und die Rechte der Nutzenden stärken.

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