Die Lesegruppe Wissensgesellschaft der Digitalen Allmend hat Fahrt aufgenommen. Gleich zu Beginn ist ein Bedarf nach einer gewissen Klärung von Begriffen wie Information und Wissen zum Ausdruck gekommen. Am 21. Januar haben wir Material zum Thema Information besprochen.
Eine grundlegende Frage lautet, ob es einen einheitlichen, universellen Begriff von Information geben kann. Unter den Diskutierenden herrschte eher der Eindruck vor, dass es abhängig vom Kontext verschiedene legitime Begriffe von Information geben kann. Der Wikipedia Artikel „Information“, auf den wir uns im Gespräch bezogen haben, unterscheidet einleitend eine naturwissenschaftliche und eine gesellschaftliche Ebene.
Der Artikel deutet den naturwissenschaftlichen Informationsbegriff als „Muster von Materie und/oder Energieformen“. In der Folge bleibt der Artikel hier aber einigermassen diffus und trägt beispielsweise wenig zu Erhellung des Verhältnisses von Entropie und Information bei.
Wenig Zweifel gibt es, dass in der menschlichen Gesellschaft Informationen und Wissen generiert und reproduziert wird. Die Frage nach Abgrenzungen wurde lebhaft diskutiert. Wenn Menschen Informationen im Kontext eines Sinnsystems interpretieren – kann dann in gleicher Weise bei Primaten von Informationen gesprochen werden? Oder bei der Vervielfältigung von Einzellern?
Und wie steht es bei technischen Systemen: Verarbeitet ein entschwebender Satellit Information (oder nur Daten)? Kann er sogar etwas „wissen“ – etwa seine Position gegenüber der Erde? Das ist kontrovers diskutiert worden. Es wurde darauf verwiesen, dass ein Satellit ein Subsystem der menschlichen Gesellschaft bleibt und seine Rechner nur vorprogrammierte Algorithmen abarbeiten.
Immer wieder angesprochen wurde das auf Shannon zurückgehende Kommunikationsmodell der Information (Sender / Übertragung / Empfänger). Das Modell gehört weder zu abstrakten naturwissenschaftlichen noch zu gesellschaftlichen Konzepten. Es ist ein Begriff der Nachrichtentechnik, das allerdings in den 50er und 60er Jahren sehr stark in die Sozialwissenschaften hineinwirkte. Seither hat sich das verschoben. In der Semiotik wird etwa eher die zentrale Rolle der Empfängerseite betont, die auch Dinge als Zeichen interpretieren kann, die nie von einem Sender designt und abgeschickt worden sind.
Von Interesse ist auch die Frage, ob Konzepte der Informationsgesellschaft überhaupt von einem bestimmten Informationsbegriff abhängen. Vermutlich nicht. Der Begriff hat sich nach Mitte des 20. Jahrhunderts eher auf den Trend bezogen, dass immer mehr Menschen nicht mehr direkt mit materieller Produktion zu tun haben. Er verweist auf einen sozialen Wandel und wurde als Abkehr von der Industriegesellschaft (und gelegentlich vom Kapitalismus) konzipiert.
Die Lesegruppe ist gut unterwegs in einer Grösse, welche eine flache und spontane Gesprächskultur fördert. Beim nächsten Treffen am 18. Februar beprechen wir die den Wissensbegriff anhand des Artikels „The duality of knowledge“ von Hildreth/Kimble.
Urs
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Rein naturwissenschaftlich gesehen ist Information (negative Entropie) eben genau nicht mit “Energie” oder “Materie” zu verknüpfen, da sie verlustlos vom einen materiellen Träger zum anderen kopiert werden kann. (Das Kopieren ist ja denn auch das zentrale Problem im Urheberrecht ;-).)
Rein mathematisch gesehen ist Information alles was unwahrscheinlich ist. Der negative Logarithmus der Wahrscheinlichkeit ist das Mass der Informationsmenge.
Um dem kulturellen Begriff der Information näherzukommen, empfehle ich die Lektüre von Sir Karl R. Poppers Konzept der “drei Welten”, wo die Welt der Informationen als eigenständiges, sich gemäss der Evolutionstheorie entwickelndes Corpus darstellt, das eben nur im und durch den Austausch (das Kopieren) existiert und weitgehend unabhängig ist von materiellen (auch menschlichen!) Trägern. (Z.B. in “Objective Knowledge, An Evolutionary Approach”.)