Warum Schweizern nicht egal sein kann, als Piraten auf der schwarzen Liste der USA zu landen

In letzter Zeit wird von einer sehr gut betuchten Lobby immer wieder unterstellt, dass Downloads in der Schweiz illegal seien, oder, dass allen Verfechtern des legalen Downloads das Urheberrecht egal sei (etwa NZZ 24.09.2012). Dabei wird regelmässig auf die etwas schmuddeligen, in der Schweiz domizilierten, Websites RapidShare.com und Uploaded.net verwiesen.

Damit werden verschiedene Unwahrheiten und unlautere Unterstellungen vermischt verbreitet. In der Schweiz ist der Konsum von Inhalten jeglicher Provenienz grundsätzlich straffrei und damit DOWNLOADs legal. Hingegen ist der UPLOAD geschützter Inhalte durch andere als die Rechtsinhaber durchaus illegal und damit strafbar. Wenn sich die genannten Websites oder ihre Benutzer diesen illegalen UPLOAD haben zu Schulden kommen lassen, muss man nicht das Urheberrecht ändern, um sie zu verfolgen. Man muss es nur durchsetzen. Wenn allerdings die Urheber selber für den Upload verantwortlich sind (s. Kommentar zur Kampagne des Vereins Musikschaffende Schweiz), kann man schwerlich die auch von mir nicht sonderlich geliebten One-Click-Sites oder Google dafür verantwortlich machen.

Die unlautere Unterstellung besteht darin, die Verfechter des straffreien Konsums – und dazu gehört der Verein Digitale Allmend – in die Ecke der Möchtegern-Kulturvernichter zu stellen, deren Hauptziel es ist, Kulturschaffende um ihr wohlverdientes Einkommen zu bringen. Wir können zwar die Position nicht unterstützen, dass jeder Hersteller eines nicht nachgefragten Produkts gleich vom Staat subwentioniert werden müsse. Gerade die Sorge um Kultur und Meinungsfreiheit beflügelt aber unseren Einsatz für freien Zugang und offene Inhalte. Es geht oft vergessen – und wurde auch von den Parlametariern in den USA nicht zur Kenntnis genommen – , dass die Schweizer pro Jahr 300’000’000 Franken für den legalen Download bezahlen, damit ihre Pausenplätze vor den fallenstellenden Abmahnanwälten unseres nördlichen Nachbarlands und den Gruppenklagen aus den USA verschont bleiben. (Wie absolut perfekt und wirkungsvoll ist doch die Schutzgelderpressung auf der Basis elterlicher Sorge auch wenn sie unberechtigt ist!) Von diesen Pauschalabgaben wandern mehr als 80% in die USA, deren Kultur von der Schweiz auf diese Weise grosszügig subventioniert wird, während die Bürger in den USA keine Pauschalgebühren auf Leergut, Geräten, Fotokopien oder Smartphones entrichten und schon gar kein Geld für in den USA erfolgreiche Schweizer Gruppen oder Filme in die Schweiz fliesst. (Genaueres findet man in den Jahresberichten der Verwertungsgesellschaften.)

Die heftig für eine Kriminalisierung des Downloads agitierenden Gruppen hätten an deren Konsequenzen vielleicht keine Freude.

Abschaffung der Verwertungsgesellschaften und der Musikerpfründe!

Eine Kriminalisierung des Downloads müsste begleitet sein von einer Abschaffung sämtlicher Pauschalabgaben an die Verwertungsgesellschaften (also 300 Mio Franken weniger für die Musik), von einer völligen Privatisierung der kollektiven Verwertung und der damit einhergehenden Streichung aller auf die Verwertungsgesellschaften bezogenen Artikel im Urheberrecht, welches diesen Organisationen und ihren Mitgliedern – unter Berufung auf die Straffreiheit des Konsums – fette staatlich garantierte Subventionen und Monopole beschert hat. Auch die Urheberrechtsgebühren des Fernsehens und des Rundfunks müssten dann eben nach – heute leicht erhebbarer – Einschaltquote pro Stück statt pauschal abgegolten werden.

Obligatorische Eingebettete Metadaten mit ausgewiesenen Rechtsansprüchen

Ausserdem müsste der das Recht respektierende Bürger befähigt werden, nicht unfreiwillig zum Opfer der Abmahnfallensteller zu werden. Ein Obligatorium für eingebettete Metadaten mit Hinweis auf Rechteinhaber und Verwerter müsste eingeführt werden, damit die Lehrlinge, Schüler und Suchmaschinen eine Chance haben, sich rechtskonform zu verhalten und unerwünschtes geistiges Eigentum von sich fernhalten können. Eine Änderung oder Falschzuweisung in solchen Metadaten müsste wie andere Urkundenfälschungen geahndet werden.

Strafbarkeit der privaten Nutzung gemeinfreier und offener Inhalte

Ausserdem müsste auch die fälschliche Beanspruchung von Rechten an gemeinfreien oder der Öffentlichkeit mit offenen Lizenzen frei zur Verfügung gestellten Inhalten genauso hart bestraft werden, wie der private Download. Also etwa

  • die Behauptung von Jörg Schneider, er sei Rechteinhaber der Kasperlitheatermelodie TriTraTrullala,
  • diejenige des Diogenes-Verlags, er habe sämtliche Rechte an den gemeinfreien Werken Kafkas,
  • die unstatthafte Privatisierung und das Publikationsverbot der Zentralbibliothek Zürich für Musiknoten aus dem 16. Jahrhundert,
  • die Privatisierung der gemeinfreien Melodien Johann Sebastian Bachs durch Rechteinhaber von James Bond Filmen, deren Komponisten sich grosszügig bei ihm bedient haben,

und viele andere mehr. Der Schaden müsste analog berechnet werden wie heute die Rechteinhaber argumentieren. Megabyte der gesamten Wikipedia-Artikel verglichen mit Megabyte der jährlichen weltweiten Buchproduktion oder Kasperlitheater-Zuschauer mal Eintrittspreis …

 

Comments are closed.