Gensequenz des Goldhasen

Etwas summarischer hat sich die Lesegruppe der Digitalen Allmend mit Marken- und Patentrecht beschäftigt. Der Grundsatz eines Schutzes wirkt durchaus plausibel, soweit allgemeine Interessen gefördert werden. Diskutabel sind Abgrenzungen und Ausmass.

Am 14. Juni haben wir ein weiteres Mal zum Taschenbuch „Immaterialgüterrecht“ (1) gegriffen, um die juristischen Grundzüge des schweizerischen Rechts kennenzulernen. Beim Markenrecht wird prägnant eine Unterscheidungsfunktion und eine Herkunftsfunktion unterschieden. Eine Marke zeigt also auf ein Produkt wie auf ein Unternehmen. Wie in andern Teilen des Immaterialgüterrechts verweist das Buch auf eine gesamtwirtschaftliche und damit gesellschaftliche Funktion, mit der Markenschutz legitimiert wird: Er soll dem Unternehmen einen Anreiz geben, die Produktequalität hochzuhalten.

Die Diskussion würdigt dieses Argument sowie die Verlässlichkeit für den Konsumenten in einem vielfältigen Warenangebot durchaus. Besonders bei vitalen Produkten wie Medikamenten. Die Kreation von Markenidentitäten kann also nicht einfach auf eine Fetisch-Produktion reduziert werden, wie das die Konsumkritik nach 68 getan hat. Völlig irrelevant erscheint dieser Aspekt aber nicht. Wer Stilbeilagen durchblättert, sieht Seite für Seite: Hier geht es nicht um die Unterscheidbarkeit der Qualität von Stoffen oder Lötstellen, sondern um Identitätsproduktion.

Bemerkenswert haben wir verschiedene Limitierungen beim Gebrauch von Zeichen als Marke gefunden. So ist es etwa nicht möglich, ein Markenzeichen einfach auf Vorrat für unbestimmte Zeit zu blockieren. Anders als beim Urheberrecht sind uns einige Abgrenzungskriterien aus dem Text nicht richtig klar geworden. Warum etwa die Kombination von zwei universellen Elementen wie farbige Metallfolie und Schokoladehase als „Goldhase“ markenwürdig ist, hat sich nicht mit letzter Klarheit erschlossen. Das trifft auch für Anwendung der Unterscheidung von starken und schwachen Marken zu.

Ein aktuelles Konfliktfeld, das eher mit der Umsetzung als mit den Grundzügen des Markenrechts zusammenhängt, ist der Umgang mit der Einfuhr von Produktenachahmungen durch Privatpersonen. Hier hat es bekanntlich eine Praxisverschärfung gegeben.

Beim Patentrecht können wir eine Berechtigung soweit sehen, wie wirklich das Eingehen von Innovationsrisiken über das ohnehin nötige hinaus gefördert wird. Wo jahrelange gebunden Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen getätigt werden, wie in der Pharmaindustrie, erscheint ein gewisser Schutz legitim. Am andern Ende der Skala ist die Softwareindustrie, wo Patente im engen Sinn in Europa nicht möglich sind. In den USA bestehen aber mehr Möglichkeiten was sich in cleveren bis erpresserischen Prozessdrohungen und komplexen Games zwischen den Firmen äussert. Das wirkt natürlich abschottend gegenüber kleineren Playern, die durch einen einzigen Prozess mit einem grossen Player ruiniert werden könnten.

Beim Thema Grenzen der Patentierbarkeit sind wir auf eine Schwäche des Textes gestossen, was mit der Knappheit zu tun hat. Wenn festgehalten wird: Nicht patentierbar sind „Sequenzen eines Gens… Patentierbar sind dagegen technisch bereitgestellte… abgeleitete Gensequenzen“, lässt das gerade in diesem umstrittenen Bereich Fragen offen. Hier geht es um den privaten Zugriff auf ökologisches Gemeingut, was Aufmerksamekeit verdient.

 

1) Markus Kaiser, David Rüetschi: Immaterialgüterrecht. Zürich, 2009. (in a nutshell)

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